Ergebnisse
Zentale Ergebnisse aus dem Forschungsprojekt
In dem Projekt wurde nicht nur gezeigt, was eigentlich genau die Grünen Finger bzw. das Freiraumsystem der Grünen Finger sind, sondern auch, wie dieses für die Zukunft weiterentwickelt werden kann (siehe Entwicklungskonzept). Umfassende Analysen der Freiräume, ihrer Funktionen und Qualitäten, bildeten dabei eine zentrale Grundlage (siehe Raumanalyse). Gleichzeitig hat das Forschungsteam die zahlreichen Ergebnisse nicht allein erarbeitet. Vielmehr sind sie in einem intensiven Dialog mit Akteur*innen aus Politik, Landwirtschaft und Zivilgesellschaft entstanden (siehe Planungskultur).
Was sind die Funktionen und Qualitäten der Grünen Finger?
Die großen, sternförmig in die Stadt Osnabrück hineinreichenden Freiräume erfüllen bereits jetzt schon vielfältige Funktionen. Im Osnabrücker Stadtgespräch wird häufig auf die Bedeutung der Freiräume für die Kühlung der Stadt verwiesen, doch die Funktionen gehen weit darüber hinaus. In einer umfangreichen Raumanalyse hat das Forschungsteam verschiedene Freiraumfunktionen analysiert und aufbereitet. So ist eine umfassende Wissensgrundlage entstanden. Dadurch konnte das Forschungsteam nicht nur bedeutsame Bereiche für die Erhaltung der jeweiligen Funktionen aufzeigen, sondern auch solche, die zukünftig verbessert werden sollten.
Da die sternförmigen Grünstrukturen zu großen Teilen durch die Landwirtschaft genutzt werden, wurde die Osnabrücker Agrarwirtschaft im Projekt vertiefend betrachtet. In der Raumanalyse wurde dazu zum einen untersucht, auf welche Produktionsvoraussetzungen die landwirtschaftlichen Betriebe treffen, zum anderen aber auch, welche gemeinwohlorientierten Funktionen durch die Landwirtschaft entstehen – denn die stadtnahen Acker- und Grünlandflächen dienen nicht nur der Produktion von Lebensmitteln. Hier entsteht teils kalte Luft zur Kühlung der Stadt, Wasser kann zurückgehalten werden, Tiere finden Rückzugsräume und die Flächen bieten Platz zur Erholung.
Die Ergebnisse der Raumanalyse bildeten eine zentrale Grundlage, um die Grünen Finger als Kernräume des Osnabrücker Freiraumsystems zu erkennen. Durch eine Überlagerung der analysierten Freiraumfunktionen konnte das Projektteam dreizehn Bereiche ausmachen, in denen sich die Funktionen besonders konzentrieren. Hier liegen die Grünen Finger, die aufgrund ihrer vielfältigen Funktionen und Qualitäten von besonderer Bedeutung für ein zukunftsfähiges Osnabrück sind (siehe Entwicklungskonzept).
Möchten Sie die Funktionen und Qualitäten der Grünen Finger genauer erkunden?
Dann werfen sie einen Blick in unsere Broschüre „Osnabrück – Stadt der Grünen Finger“ in das Kapitel „VE 1 Raumstrukturelle Ebene“ ab S. 82. Zu finden unter Veröffentlichungen!
Wie können die Grünen Finger gemeinsam gesichert und entwickelt werden?
Im Grüne Finger Projekt hat das Forschungsteam zusammen mit Akteur*innen aus Politik, Verwaltung, Landwirtschaft und interessierter Öffentlichkeit zu den Grünen Fingern geforscht. In einem intensiven und transparenten Dialog konnten die Erkenntnisse zur Sicherung und Weiterentwicklung der Grünen Finger gemeinsam gewonnen und verhandelt werden. Das Forschungsteam hat dazu einen breiten Beteiligungsprozess gestaltet, in dem unterschiedliche Gruppen in verschiedenen Beteiligungsformaten auf Augenhöhe zusammengearbeitet haben. Drei Gruppen wurden gegründet und kontinuierlich eingebunden:
ein Bürgerbeirat, eine Arbeitsgruppe Politik und eine Schlüsselpersonengruppe.
Workshops und Walks
In Workshops und sogenannten Walks diskutierten sie verschiedene Zwischenergebnisse und trugen aktiv zur Forschung bei. Die Workshops dienten der Zusammenarbeit zur Raumanalyse, zu Szenarien und zum Entwicklungskonzept. Mit der Arbeitsgruppe Politik sind zudem Leitsätze für die Entwicklung der Grünen Finger entstanden.
Bei den Walks konnten die beteiligten Gruppen die Zwischenergebnisse direkt vor Ort diskutieren. Während dieser geführten Raumerkundungen wurde nicht nur der Charakter der jeweiligen Grünen Finger sichtbar. Vielmehr konnten beim gemeinsamen Durchwandern der Räume unterschiedliche Perspektiven offengelegt, Konflikte thematisiert und komplexe Zusammenhänge zum Gesamtsystem Grüne Finger aufgedeckt werden. Das Forschungsteam hat die Workshops und Walks systematisch dokumentiert, ausgewertet und zentrale Diskussionspunkte herausgearbeitet. Neben den Leitsätzen bildeten sie eine wichtige Grundlage für das Entwicklungskonzept.
Möchten Sie mehr zum Beteiligungsprozess wissen?
Dann schauen Sie in unsere Broschüre „Osnabrück – Stadt der Grünen Finger“ in das Kapitel „VE 2 Planungskulturelle Ebene“ ab S. 135.
Die Broschüre finden Sie unter Veröffentlichungen!
Film: „Entlang des Sandbachs – Walks als transdisziplinäres Planungsinstrument“
© Christian Röper & Projekt Grüne Finger - HS Osnabrück, 2021
Wahrnehmungswerkstätten

Neben den Formaten für die Beteiligungsgruppen wurde Wahrnehmungswerkstätten für die interessierte Öffentlichkeit gestaltet, die in Kooperation mit Künstler*innen durchgeführt wurden. Sie luden die Teilnehmer*innen ein, sich den Grünen Fingern sinnlich-körperlich zuzuwenden und sie innig wahrzunehmen. Durch künstlerische Arbeitsweisen wie Vor-Ort-Zeichnen, Abdrücke von Materialien oder Abreiben von Oberflächen sollten die Grünen Finger erfahrbarer werden. Darüber hinaus hat das Forschungsteam weitere Veranstaltungen (u. a. Infoständen, Führungen und Vorträge) durchgeführt, bei denen interessierte Bürger*innen das Projekt kennenlernen konnten.
Möchten Sie mehr zu den Wahrnehmungswerkstätten erfahren?
Dann werfen Sie einen Blick in die Dokumentation „Die Wahrnehmungsstätten“.
Auch zu finden unter Veröffentlichungen!
Hofgespräche mit Kooperationsbetrieben der Agrarwirtschaft

Gleichzeitig hat das Forschungsteam auch landwirtschaftliche Akteur*innen explizit mit einbezogen. In Hofgesprächen wurden mit ausgewählten Kooperationsbetrieben individuelle Herausforderungen und Entwicklungsperspektiven diskutiert. Die Einbindung der Landwirtschaft im Projekt zeigt: Wenn agrargeprägte Landschaften nachhaltig weiterentwickelt werden sollen, müssen die Bedürfnisse und Interessen der Landwirtschaft ernst genommen und Lösungswege gemeinsam mit den Landwirt*innen erarbeitet werden.
Vertiefende Einblicke zur Osnabrücker Agrarkultur und denen Entwicklungsperspektiven
erhalten Sie in unsere Broschüre „Osnabrück – Stadt der Grünen Finger“ in dem Kapitel „VE 3 Die Osnabrücker Agrarkultur“ ab S. 177.
Woraus besteht das (neue) Freiraumsystem der Grünen Finger?
Insgesamt dreizehn Grünen Finger bilden die Kernräume des Osnabrücker Freiraumsystems. Als strukturgebende, resilienzstärkende Bestandteile sind sie für die Entwicklung eines zukunftsfähigen, lebendigen Osnabrücks von zentraler Bedeutung. Die Grünen Finger sind eingebettet in ein Netz aus Grün-Blauen Verbindungen. Diese tragen nicht nur zu einer besseren Erreichbarkeit der Kernräume bei, entlang dieser kann z. B. auch kalte Luft aus den Grünen Fingern bis tief in die Siedlungen geleitet werden. Das Grün-Blaue Netz trägt somit zur Funktionsfähigkeit der Grünen Finger bei. Für einen Anschluss an die Umlandgemeinden werden die Grünen Finger zudem durch Hellgrüne Finger bis über die Stadtgrenze hinaus verlängert.
Das Freiraumsystem der Grünen Finger ergibt sich also erst aus dem Zusammenspiel von Grünen und Hellgrünen Fingern im Netz der Grün-Blauen Verbindungen. Um Osnabrück im Klimawandel widerstandsfähig und lebenswert zu machen, muss dieses als Ganzes zur Grundlage einer klimaresilienten Stadtentwicklung werden.
In welche Richtung soll das Freiraumsystem entwickelt werden?
Fünf Zielperspektiven weisen die Richtung für die Weiterentwicklung des Freiraumsystems der Grünen Finger. Als anzustrebende Zukunftszustände zeigen sie, wie das Freiraumsystem perspektivisch gestaltet und wie damit auf unterschiedliche Herausforderungen reagiert werden kann. Die Perspektiven verdeutlichen auch, inwieweit die Stadt, ihre Bewohner*innen, die stadtnahe Landwirtschaft sowie die stadtbewohnenden Tiere und Pflanzen von den Entwicklungen profitieren und welche Mehrgewinne daraus für Osnabrück resultieren.
Wie können diese Perspektiven künftig erreicht werden?
Drei Leitprinzipien Bekräftigen – Aktivieren – Beleben unterstützen die Entwicklung zu einem produktiven, nachhaltigen und lebendigen Freiraumsystem. Sie zeigen durch konkrete Handlungsschwerpunkte notwendige Veränderungen auf und konkretisieren diese in einzelnen Pilotprojekten.
Das Leitprinzip Bekräftigen schafft wichtige Voraussetzungen, um das Freiraumsystem der Grünen Finger langfristig zu sichern. Es zeigt, wie die für den Erhalt bedeutsame landwirtschaftliche Nutzung robuster gestaltet und die Handlungsfähigkeit der Osnabrücker Agrarwirtschaft gestärkt werden kann. Mit dem Bekräftigen werden zudem Lebensräume und deren Vernetzungsachsen gesichert und gestärkt.
Das Aktivieren trägt dazu bei, die Stadt klimaangepasst zu gestalten und robust gegen Klimarisiken aufzustellen. Durch das Aktivieren können klimarelevante Raumstrukturen im Freiraumsystem schrittweise verbessert und die Wirksamkeit der Klimafunktionen gestärkt werden. Dabei werden auch Synergien, beispielsweise mit Feuchtlebensräumen, aktiv genutzt.
Durch das Beleben wird die Erfahrbarkeit des Freiraumsystems gesteigert. Gleichzeitig trägt es dazu bei, den weiteren Planungsprozess offen, lebendig und vielfältig zu gestalten. Angeregt werden neue Formen der Zusammenarbeit und des Dialogs, wobei die Vielfalt der Akteure gleichberechtigt und kontinuierlich einzubinden ist.
Künftig müssen alle drei Leitprinzipien aktiv verfolgt werden. Denn erst wenn die Prinzipien das Freiraumsystem der Grünen Finger gleichermaßen färben, kann es gelingen, das skizzierte Zukunftsbild zu erreichen und Osnabrück zur Stadt der Grünen Finger zu machen.
Möchten Sie einen genaueren Blick in das Entwicklungskonzept werfen?
Dann schauen Sie in unsere Broschüre „Osnabrück – Stadt der Grünen Finger“ unter „6. Osnabrücker Resilienzstrategie Grüne Finger“ ab S. 30. Zu finden unter Veröffentlichungen!
„Nach dem extremen Sommerunwetter vor drei Wochen hat sich der Bach beruhigt und schlängelt sich wieder in sanften Schleifen durch das Tal bis zur Hase hinab. Unmengen an Wasser hatten den Bach über seine Ufer treten und die angrenzenden Weideflächen überfluten lassen. Dabei hat der dortige Grüne Finger nicht nur den vor Ort niederprasselnden Regen aufnehmen müssen, sondern auch das aus den höher gelegen Stadtteilen dorthin abgeleitete Wasser. Auch die anderen zu Schwammlandschaften umgebauten Grünen Fingern haben einiges an Regenwasser aufgenommen – eine größere Überschwemmung der Siedlungen blieb zum Glück aus.
Mittlerweile ist davon kaum noch etwas zu sehen, denn seit Tagen ist es wieder unerträglich heiß. Das Wasser, in dem wie ein Schwamm vollgesaugten Boden, verdunstet langsam. Die aufsteigende, feuchte Luft kühlt nun nicht nur das Tal, sondern fließt entlang grüner Achsen bis tief in die angrenzenden Stadtteile und sorgt auch dort für eine willkommene Abkühlung. Die Kühe sind zurück auf der Weide und auch die Spaziergänger suchen wieder die kühle Umgebung des nun erfrischenden Bachs.“

Osnabrück - Stadt der Grünen Finger? Ein Ausblick
Mit dem Konzept Osnabrücks als Stadt der Grünen Finger den Folgen des Klimawandels zu begegnen, könnte Osnabrück zum Vorreiter einer klimaresilienten Stadtentwicklung werden. Aber dafür muss die Umsetzung der im Forschungsprojekt „Produktiv. Nachhaltig. Lebendig. Grüne Finger für eine klimaresiliente Stadt“ vorgeschlagenen Entwicklungsmaßnahmen konsequent angegangen und ihr Erfolg überprüft werden. Ein erster wichtiger Schritt in diese Richtung stellt der Ratsbeschluss vom 27.09.2022 dar (Vorlage 2022/0867-01-01). Mit dem Beschluss bekennt sich der Rat der Stadt Osnabrück zu einem umfassenden Schutz und zur Weiterentwicklung der Grünen Finger (Beschluss ansehen).
Inhalte des Ratsbeschlusses

Ausgehend von diesem Beschluss wurden die im Rahmen des Forschungsprojekts erarbeitete Abgrenzung der Grünen Finger in das Integrierte Stadtentwicklungsprogramm (STEP) eingearbeitet. Im Frühjahr 2024 erfolgte der Beschluss des STEP durch den Osnabrücker Rat und damit auch eine politische Sicherung der Grünen-Finger Kulisse. Durch die im STEP durchgeführte Abwägung mit potenziellen Siedlungsflächen kam es zu Abweichungen der im Forschungsprojekt erarbeiteten Abgrenzung. Insbesondere dort, wo eine bauliche Entwicklung nicht vermieden wird, bedarf es einer verbindlichen Umsetzung von Maßnahmen, die die Funktionsfähigkeit des Freiraumsystems weiterhin gewährleisten. Diese sollten sich am Entwicklungskonzept des Forschungsprojektes orientieren (Beschluss zum STEP ansehen).
Auf dem Weg zur Stadt der Grünen Finger muss das Freiraumsystem der Grünen Finger darüber hinaus aber auch aktiv weiterentwickelt werden. Dazu müssen konkrete Entwicklungsmaßnahmen umgesetzt werden, die an den Leitprinzipien und Handlungsschwerpunkten des Entwicklungskonzeptes auszurichten sind. Erste Ansatzpunkte stellen die vorgeschlagenen Pilotprojekte dar. Eine „Grüne-Finger-Charta“ mit Handlungsprogramm soll künftig als Instrument für die Sicherung und Weiterentwicklung der Grünen Finger dienen. Diese gilt es durch die Verwaltung auszuarbeiten und dem Rat als Selbstverpflichtung bzw. Handlungsgrundlage für künftige Entscheidungen vorzulegen. Das Handlungsprogramm zur Charta sollte kontinuierlich fortgeschrieben und dem Rat jährlich Rechenschaft über die Zielerreichung geleistet werden.
Mit Ko-Produktion zum Zukunftsbild
Es wird nun darauf ankommen, dass die Forschungsergebnisse kontinuierlich und wirksam in die Umsetzungspraxis von Politik und Verwaltung Eingang finden. Ergänzend braucht es auf dem Weg zur Stadt der Grünen Finger neue Kooperationen und die Vernetzung von Initiativen aus der Zivilgesellschaft als zusätzliche treibende Kraft. Daher sollten Initiativen, Verbände und die Bürgerschaft sowie Grundstückseigentümer und Flächenbewirtschafter nicht nur in die weiteren Planungs- und Umsetzungsprozesse einbezogen werden, vielmehr können sie auch selbst mit Pilotprojekten und Experimenten aktiv werden. Eine „langfristige aktive Freiraumentwicklung“, wie sie vom Rat in seinem Beschluss zur Sicherung und Entwicklung der Grünen Finger am 27.09.2022 beschlossen wurde, muss kooperativ von Politik und Verwaltung unterstützt werden.
Es muss also von vielen Seiten gemeinsam in Ko-Produktion daran gearbeitet werden, das skizzierte Zukunftsbild für Osnabrück Realität werden zu lassen!