Forschungsprojekt Rechtsanwendung in der Bauleitplanung
Umgang mit Zielkonflikten im Bereich der Innenentwicklung
Projektbeschreibung
Das Forschungsprojekt „Rechtsanwendung in der Bauleitplanung - Umgang mit Zielkonflikten im Bereich der Innenentwicklung“ untersucht, welche Zielkonflikte bei der Innenentwicklung auf kommunaler Ebene auftreten und wie die kommunale Planung diese Zielkonflikte in der Bauleitplanung bewältigen kann.
Hintergrund
Um den anhaltenden Flächenverbrauch zu begrenzen, ist die Innenentwicklung ein wichtiger Baustein für eine nachhaltige Stadtentwicklung. In den letzten Jahren wurde dies über verschiedene Maßnahmen gefördert. So wurde beispielsweise der Vorrang der Innenentwicklung mit der BauGB-Novelle 2013 im deutschen Baurecht verankert.
Die Innenentwicklung bringt jedoch in der praktischen Umsetzung häufig Zielkonflikte zu anderen zentralen Zielen einer nachhaltigen Stadtentwicklung mit sich. Zu nennen sind hier u. a. die Entwicklung der grünen Infrastruktur, die Förderung gesunder Wohn- und Arbeitsverhältnisse sowie die Entwicklung und der Erhalt funktionsfähiger Industrie- und Gewerbestandorte.
Bislang werden die bestehenden Zielkonflikte in den gesetzlichen Regelwerken jedoch nicht abschließend gelöst. Das BauGB nennt in § 1 lediglich verschiedene Ziele und Belange, die in der kommunalen Planung zu berücksichtigen sind. Diese unterschiedlichen Belange sind in der Bauleitplanung auf kommunaler Ebene im Rahmen der Abwägung zusammenzuführen und stellen für die kommunalen Akteure eine große Herausforderung dar.
Projektlaufzeit: 01.05.2017 bis 31.12.2020
Drittmittelgeber/Förderlinie: MWK - VW vorab
Ziel des Forschungsprojektes ist es, zu analysieren, welche Zielkonflikte in der Bauleitplanung auftreten und wie die Kommunen diese planerisch lösen. Dabei sollen auch Best-Practice-Beispiele identifiziert und Handlungsempfehlungen für die Planungspraxis entwickelt werden.
Handlungsansätze zur Bewältigung der Zielkonflikte bestehen dabei sowohl auf der Ebene des Flächennutzungsplans als auch auf der Ebene des Bebauungsplans. Denn im Rahmen der Flächennutzungsplanung werden grundlegende Standortentscheidungen getroffen. Die verbindliche Bauleitplanung spielt im Gegensatz dazu vor allem bei der kleinräumigen Konfliktbewältigung eine zentrale Rolle.
Im Detail werden dabei insbesondere folgende Fragen analysiert:
- Welche Zielkonflikte benennen die Kommunen in den Begründungen der Bauleitpläne?
- Welche Möglichkeiten zu Bewältigung der Zielkonflikte nutzen die Kommunen in der Bauleitplanung?
- In welchem Verhältnis steht der Flächennutzungsplan zum Bebauungsplan?
- Welche innovativen Handlungsansätze lassen sich in der Planungspraxis identifizieren?
In dem Arbeitspaket wurden Flächennutzungspläne deutscher Großstädte im Hinblick auf Zielkonflikte und Lösungsansätze bei der Innenentwicklung untersucht.
Dafür wurde das Alter der aktuellen Flächennutzungspläne von deutschen Großstädten ab 100.000 Einwohner ermittelt. Für die Analyse wurden die Pläne ausgewählt, die nach 2007 neu aufgestellt wurden und die nicht Teil eines Regionalen Flächennutzungsplans sind. In den ausgewählten neun Plänen wurden die Aussagen zu Zielkonflikten und Lösungsansätzen in den Begründungen codiert. Die Dokumentenanalyse wurde mit dem Analyseprogramm MAXQDA durchgeführt.
In dem Arbeitspaket wurden Bebauungspläne deutscher Großstädte im Hinblick auf Zielkonflikte und Lösungsansätze bei der Innenentwicklung untersucht.
Dafür wurden, neben den neun Städten aus AP 1, fünf Städte mit zahlreichen realisierten Projekten der (doppelten) Innenentwicklung und neun Städte, die nach der Datenerhebung des BBSR (2016) ein wachsendes bis überdurchschnittlich wachsendes Entwicklungspotenzial aufweisen, ausgewählt. Dadurch konnten von über 80 Bebauungsplänen aus 23 deutschen Großstädten im Rahmen einer Dokumentenanalyse mit dem Analyseprogramm MAXQDA die Begründungen und Planfestsetzungen ausgewertet werden.
Ein Bearbeitungsschwerpunkt des AP 2 stellt die Entwicklung einer Arbeitshilfe zur Bewältigung der Zielkonflikte im Bebauungsplan dar. Diese unterstützt den Einsatz der Festsetzungen nach Baugesetzbuch im Hinblick auf das Leitbild der doppelten Innenentwicklung. Es werden Bausteine und Strategien erarbeitet, mit denen das Leitbild der doppelten Innenentwicklung umgesetzt werden kann und weitere Zielkonflikte der Innenentwicklung bearbeitet werden können. Ergänzend dazu zeigt die Arbeitshilfe, mit welchen einzelnen Festsetzungen des Baugesetzbuchs die Bausteine rechtlich verankert werden können. Diese werden umfassend im Hinblick auf die rechtlichen sowie planerischen Rahmenbedingungen erläutert und mit der Zuhilfenahme von Praxisbeispielen, welche aus der Dokumentenanalyse identifiziert werden konnten, ergänzt.
BUNDESINSTITUT FÜR BAU-, STADT- UND RAUMFORSCHUNG (BBSR) (2016): Wachsen und Schrumpfen von Städten und Gemeinden (05.11.2019)
Es wurde untersucht, wie die Dichteobergrenzen und die Überschreitungsmöglichkeiten nach § 17 BauNVO in der verbindlichen Bauleitplanung angewandt werden und wie diese die Umsetzung von Innenentwicklungsprojekten beeinflussen.
Dafür wurden aus der Dokumentenanalyse zu den Zielkonflikten und Lösungsansätzen des AP 2 diejenigen Bebauungspläne der 23 Städte ausgewählt, welche nach dem Inkrafttreten der Städtebaurechtsnovelle 2013 am 20.09.2013 beschlossen wurden. Es konnten über 70 infrage kommende Bebauungspläne ermittelt werden. Die Bebauungspläne wurden in einer Dokumentenanalyse mit dem Analyseprogramm MAXQDA hinsichtlich der festgesetzten Grund- und Geschossflächenzahlen sowie der Überschreitungen untersucht. Ebenfalls codiert wurden die aufgeführten Gründe für die Überschreitungen und die festgesetzten Ausgleichsmaßnahmen.
Neben den Ergebnissen der Dokumentenanalyse ist für die Forschungsarbeit die Einschätzung der Akteure in der Planungspraxis von großem Interesse. Dazu wurde eine kurze Onlineumfrage aller wachsenden Großstädte Deutschlands mit über 100.000 Einwohnern und aller wachsenden Mittelstädte mit über 50.000 bis 100.000 Einwohner im Oktober bis Dezember 2019 gestartet. Die Umfrage beinhaltete Fragen zur Anwendung der Dichteobergrenzen nach § 17 BauNVO sowie zum Einsatz von ausgleichenden Maßnahmen bei einer Überschreitung der Dichteobergrenzen.
Die Entwicklung von neuen Siedlungsflächen ist aufgrund der starken Nachfrage nach Wohnraum wieder ein zentrales Thema der Stadtplanung. Standortentscheidungen und die Auswahl der Siedlungsflächen beeinflussen die städtische Entwicklung maßgeblich.
Aus diesem Grund wurde aufbauend auf den Ergebnissen des AP 1 untersucht, welche Aspekte Kommunen bei der Auswahl und Darstellung von Siedlungsflächen im Flächennutzungsplan berücksichtigen. Dazu wurden in einem ersten Schritt die Flächennutzungspläne der neun Großstädte, welche bereits im Zuge der Dokumentenanalyse zu Zielkonflikten und Lösungsansätzen des AP 1 analysiert wurden, hinsichtlich der Planungsmethodik und der angewandten Kriterien untersucht. Die gesammelten Kriterien wurden in Kategorien zusammengefasst und mit Vorschlägen aus der Literatur verglichen.
Im Rahmen der Erarbeitung einer Arbeitshilfe zu Kriterien zur Siedlungsflächenauswahl wird zu jedem der knapp 80 Kriterien ein Steckbrief entwickelt, in welchem die Anwendung mit Angaben zu den dazugehörigen Indikatoren, den benötigten Daten und ergänzenden Informationen erläutert wird. Ziel der Arbeitshilfe ist es, die Auswahl der Siedlungsflächen in der kommunalen Praxis zu erleichtern, indem eine kompakte Zusammenfassung möglicher einflussnehmender Kriterien mit Angaben zur Verwendung gegeben wird.
Veröffentlichungen und Vorträge
- Schoppengerd, Johanna (im Erscheinen): Planungsrechtliche Rahmenbedingungen für die Sicherung und Entwicklung Urbaner Produktion. In: Gärtner, Stefan; Meyer, Kerstin (Hrsg.): Urbane Produktion. Springer-Verlag, Berlin.
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Eichholz, Ann-Kathrin; Schoppengerd, Johanna (2022): Herausforderung Innenentwicklung - Konfliktlösungen im Bebauungsplan. Schriften zur Stadt- und Landschaftsentwicklung, Hochschule Osnabrück,https://doi.org/10.48769/opus-3497.
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Schoppengerd, Johanna; Schubert, Katharina (2022): Zwischen rechtlichen Vorgaben, Forschung und praktischer Anwendung – zur Bewertung von Siedlungsflächen im Flächennutzungsplan. RuR - Raumforschung und Raumordnung, 80/2, 153–167. https://doi.org/10.14512/rur.97.
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Eichholz, Ann-Kathrin; Kiehl, Kathrin; Schoppengerd, Johanna; Schröder, Roland (2020): Dachbegrünungen für den Natur- und Klimaschutz. Aktuelle Relevanz und planerische Steuerungsmöglichkeiten. Raum-Planung 208 / 5-2020, Dortmund, 16-23
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Eichholz, Ann-Kathrin; Schoppengerd, Johanna (2020): Nachverdichtung versus Dichteobergrenzen? Zur Anwendung der Überschreitungsmöglichkeiten nach § 17(2) BauNVO. Raum-Planung 206 / 2/3-2020, Dortmund, 16-23
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Schoppengerd (2019): Innenstadtverdichtung - aktuelle Herausforderungen für eine nachhaltige Stadtentwicklung. Vortrag im Rahmen der ALD-Veranstaltung "Innenstadtverdichtung" (Hamburg, 02.12.2019)
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Schoppengerd (2019): Die neue Baunutzungsverordnung - eine Chance für mehr Nutzungsmischung? Vortrag im Rahmen des Städtebaulichen Kolloquiums zum Thema "Mischung in der Stadt" (TU-Dortmund, 14.05.2019)
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Schoppengerd, Johanna (2018): Dealing with conflicting Goals in the Field of Inner-Development in Land Use Planning. Vortrag im Rahmen des AESOP Annual Congress "Making Space for Hope” (Gothenburg, Sweden 10.-14.07.2018)
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Schoppengerd, Johanna; Schmelter-Nägele, Heike (2018): Innenentwicklung als Beitrag zu einer nachhaltigen Siedlungsentwicklung? Der Umgang mit bestehenden Zielkonflikten in der Bauleitplanung. Vortrag auf der ARL-Konferenz „Flächenentwicklung im Widerstreit der Interessen“, (München 24.05.-25.04.2018)
- Schoppengerd, Johanna; Schmelter-Nägele, Heike (2018): Grüne Infrastruktur versus Innentwicklung – der Umgang mit bestehenden Zielkonflikten in der Flächennutzungsplanung. Vortrag auf der 4. Dortmunder Konferenz zur Raum- und Planungsforschung (TU-Dortmund, 04.-05.2018)