EN ROUTE - Physisch und virtuell unterwegs in nachhaltigen Bildungslandschaften
Projektbeschreibung
Im Rahmen des interdisziplinären Forschungsprojekt EN ROUTE werden Konzepte und Strategien für ein nachhaltiges Unterwegssein im Hochschulkontext entwickelt. Demnach gibt es sowohl reale Räume und als auch virtuelle Umgebungen, die sozial, ökologisch und ökonomisch für Studierende, Mitarbeiter*innen und Dozent*innen relevant sind. Ziel von EN ROUTE ist es, die Potenziale dieser Räume durch ein neues Verständnis vom Unterwegssein zu erschließen. Bei diesem neuen Verständnis von Unterwegssein gehen die Forschenden davon aus, dass dank Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) die Akteure der Hochschule Osnabrück physisch und virtuell über klassische Raum- und Zeit-Grenzen hinweg unterwegs sein können. Dieses umfassende, digital getriggerte Unterwegssein birgt Potenziale für die Neuorganisation von Lern- und Lehrszenarien und der hochschulbezogenen Mobilität. Hier liegen Ansatzpunkte, um Bildungslandschaften zukünftig nachhaltiger und resilienter zu gestalten.
Hintergrund
Die Anforderungen an Hochschulen haben sich in den letzten zehn Jahren stark verändert. Dafür lassen sich vor allem vier Gründe anführen:
Das liegt 1.) an einer stärkeren Integration von Informations- und Kommunikationstechnologie in Lehre und Forschung. Lehrende und Studierende suchen in diesen nach Orientierung, wie, wann und wo Wissen vermittelt, Kompetenzen erlernt und soziale Qualifikationen geübt werden können.
Digitale Technologien bieten hier die Chance zur Schaffung, inklusiver und resilienter Lernraumgestaltung. Gleichzeitig hat die COVID-19-Pandemie aber auch gezeigt, dass reine Online-Lehrszenarien eigene Herausforderungen für Studierende und Lehrende bergen. Die Hochschule als physischer Ort erfüllt demnach Funktionen, die über den virtuellen Raum nicht abgedeckt werden können und eine Balance verschiedener Formate erforderlich machen.
Ferner wird 2.) deutlich, dass sich Hochschulen im Zuge von Klimaschutz und Klimaanpassung neu positionieren müssen. So steigen die Erwartungen an Hochschulen als institutionelle Akteure, einen Beitrag zur Nachhaltigen Entwicklung zu leisten. Negative Umweltauswirkungen sollen möglichst vermieden werden. Dies betrifft auch die Mobilität der Akteur*innen an den Hochschulen, welche zukünftig nachhaltiger gedacht werden muss. Wie oft, zu welchen Zeiten, mit welchen Verkehrsmitteln und auf welchen (potentiell multifunktionalen) Strecken sollten Lehrende, Studierende und Mitarbeiter*innen der Hochschulen zukünftig unterwegs sein?
Außerdem sind Hochschulen 3.) zunehmend Diskontinuitäten (z. B. Hitzewellen, Pandemien, etc.) ausgesetzt. Die Prozesse der Hochschulen bzw. der Bildungslandschaft (also der großräumige Kontext, in dem die Hochschule liegt, vernetzt ist und wirkt) müssen daher zukünftig resilienter und flexibler werden, um auf Diskontinuitäten besser eingehen zu können. Doch wie können Lehrende, Studierende und Mitarbeiter*innen in Zukunft nachhaltiger unterwegs sein?
Letztendlich wachsen 4.) die Erwartungen an Studierende, Arbeitsweisen und Kompetenzen (Future Skills) zu erlernen, um in interdisziplinären Teams erfolgreich agieren zu können. Hochschulen müssen ihren Studierenden daher neue Bildungswege aufzeigen und das Unterwegssein in anderen Disziplinen ebenfalls möglich machen.
Die Hochschule Osnabrück (HSOS) dient hierbei als Modell-Hochschule für die Frage, wie eine digitale und nachhaltige Transformation von Lehre und Mobilität aussehen kann. Danach gibt es zukünftig hybride Lernräume – reale Räume in Kombination mit virtuellen Umgebungen – die sozial, ökologisch und ökonomisch für Studierende, Mitarbeiter*innen und Dozent*innen und deren Unterwegssein relevant sind. Das Projektteam möchte erarbeiten, wie die Hochschule Osnabrück diese Vision erreichen kann.
Projektlaufzeit: 01.10.2021 bis 31.08.2025
Das Projekt EN ROUTE untersucht das Zusammenwirken neuer digital gestützter, sich dynamisierender Bewegungsmuster des realen und virtuellen Unterwegsseins und neuer digital geprägter, interdisziplinärer Lernarrangements. Ziel des Projekts ist es, ein Konzept für ein virtuelles, multifunktionales, resilientes und interdisziplinäres Unterwegsein für die Bildungslandschaft Hochschule Osnabrück zu entwickeln und dieses Konzept in Teilen zu implementieren. Dazu werden EN ROUTE-Typen (AP 1) und Raumnutzungsmuster von Pendler*innen (AP 2) identifiziert und Potenziale durch neue Lehr-/Lern-Arrangements und umgestaltete multifunktionale Pendler-Strecken beschrieben. Als Test der Implementierung in ausgewählten Studiengängen und im Pendleralltag von Mitarbeitenden, Dozent*innen und Studierenden dient ein Reallabor, aus dem Schlüsse für eine dauerhaft tragfähige Strategie für nachhaltiges Unterwegssein gezogen werden können (AP 3). Abschließend stehen Handlungsempfehlungen zur Anpassung der Curricula für vier Studiengänge an drei Fakultäten und die Etablierung eines fakultätsübergreifenden Mastermoduls „EN ROUTE“ (AP 4).
Ansprechpartner*innen: Prof. Dr. Kai-Michael Griese, Prof. Dr. Karsten Morisse und Prof. Dr. Sandra Rosenberger
In Arbeitspaket 1 wird am Beispiel der Hochschule Osnabrück erforscht, welche Rolle das physische und virtuelle Unterwegssein an Hochschulstandorten der Zukunft spielt und wie dort digitale Prozesse und Face-to-Face Lernsituationen gemeinsam gedacht werden können. Insbesondere sind die Schnittstellen zwischen der physischen und virtuellen Mobilität zu analysieren.
Auf Basis von einer qualitativen und quantitativen Studie werden sogenannte EN ROUTE-Typen entwickelt. Diese geben Aufschluss über Wirkmechanismen und Interdependenzen zwischen digitalen Lebensstilen, Mobilitätsverhalten, Lernarrangements und Raumnutzung.
Ferner soll anhand der EN ROUTE-Typen analysiert werden, welche grundsätzlichen Möglichkeiten sich durch die Kombination von physischem und virtuellem Unterwegssein ergeben. Einerseits ist das relevant für zukünftige Lehr-Lernszenarien, andererseits ist es für die nachhaltige Gestaltung des Mobilitätsverhaltens von Bedeutung und welche Veränderungen verschiedene Strategien physischen sowie digitalen Unterwegsseins für Ressourcenverbrauch, Ökobilanz und letztendlich den Klimaschutz mit sich bringen.
Ansprechpartner*innen: Prof. Dr. Johanna Schoppengerd, Prof. Dr. Henrik Schultz
Die Corona-Pandemie hat die Digitalisierung an vielen Hochschulen zwar maßgeblich vorangetrieben, zugleich wurden aber auch die Grenzen von rein virtuellen Lehr-Lernarrangements sichtbar. Daher stellt sich die Frage: Was macht den Campus als physischen Ort unverzichtbar? Welche Funktionen übernimmt der Weg „en route“, wie wird er genutzt? Wie können die weiterhin nötigen Wege zu den Hochschulstandorten nachhaltiger und multifunktionaler gestaltet werden? Wie sind Hochschulen in einem komplexen Geflecht unterschiedlicher Mobilitätsbeziehungen eingebettet? Welche Pendelwege werden von Hochschulangehörigen wie und warum genutzt? Wie können flexible Mobilitätsinfrastrukturen die Hochschulstandorte zu nachhaltigen Hubs im städtischen, regionalen und überregionalen Kontext machen?
Mithilfe von Analysen des von den Hochschulangehörigen der HSOS genutzten Wegesystems werden nicht nur prototypische Strecken und Knotenpunkte, sondern auch Mobilitätsbedürfnisse und Raumnutzungen „en route“ identifiziert. Dabei wird untersucht, wie „der erlebte Raum unterwegs“ um neue virtuelle Lern- und Kommunikationsräume ergänzt werden kann. So entstehen völlig neue Perspektiven zur Förderung nachhaltiger Mobilität, weil Stellschrauben sichtbar werden, wie der Raum vom zu überwindenden und durch Verkehr strapazierten Hindernis zum multifunktionalen, aktiven Agenten bei der nachhaltigen Verkehrsmittelwahl und –kombination werden kann. Dies trägt zu einem innovativen Raumverständnis bei.
Ansprechpartner: Prof. Dr. Henrik Schultz
Auf Grundlage der Analyse der Unterwegs-Typen in AP1 sowie der prototypischen Strecken in AP2 werden Stellschrauben und Potentiale ersichtlich, wie letztlich gesellschaftliche Transformationsprozesse zur nachhaltigen, digital organisierten und durch virtuelle Räume ergänzten Mobilität als integrierenden Lernprozess gestaltet werden können, in dem Wirkmechanismen und Interdependenzen zwischen digitalen Lebensstilen, Mobilitätsverhalten, Lernarrangements sowie raumgestaltender Steuerung getestet werden. Die Erfahrungen der Corona-Zeit werden reflektiert und zur Entwicklung des Reallabors genutzt.
Das geplante Reallabor zeigt auf, wie Zukunftsvisionen für ein völlig neues Zusammenwirken von Bildungseinrichtungen, Wohnorten, virtuellen Räumen und multifunktionalen Wege-Räumen aussehen könnten. Außerdem können passende planerische Reaktionen und Wirkungen getestet werden. Auf diese Weise kann das Zusammenspiel von virtuellem und realem Unterwegssein in seiner Komplexität verstanden, als Kultur praktiziert, geübt und reflektiert werden. Das Reallabor adressiert etwa die Fragen:
- Führen digitale Angebote und das Zusammendenken von physischem Raum, Bewegung und Bewusstsein dazu, dass speziell klimaneutrale Verkehrsmittel (Fahrrad, Zug, Teilwege zu Fuß) attraktiver werden (u.a. weil deren Landschaftsbezug für sie spricht)?
- Welche Möglichkeiten gibt es, den „Raum am Wegesrand“ zu erleben und unterwegs zu lernen?
- Welche neuen Formen von Arbeit und Studium sind unterwegs, im Kontakt mit dem durchquerten, potenziell multifunktionalen und virtuell verknüpften Raum möglich?
- Wer braucht den Campus als Ort?
- Wie können die Kompetenzen für derartige Lern- und Arbeitsformen idealerweise vermittelt werden?
Ansprechpartner: Prof. Dr. Karsten Morisse, Prof. Dr. Henrik Schultz
Aufbauend auf den Erfahrungen und Ergebnissen aus den Arbeitspaketen AP 1-3 werden in AP 4 Konzepte für nachhaltiges Unterwegssein und Lernen in ausgewählten Studienprogrammen entwickelt. Zentrale Ergebnisse werden in Form eines disziplinübergreifenden Moduls „En Route“ festgehalten, welches fakultätsübergreifend und interdisziplinär erprobt wird.
Unter Berücksichtigung der Mobilitäts-Rahmenbedingungen und der Frage, wo face-to-face-Kontakte für ein erfolgreiches, kompetenzorientiertes Lernsetting erforderlich sind, werden Handlungsempfehlungen für Lehr-und Lernformate sowie für geeignete Lernorte entwickelt. Einhergehend damit erfolgt die Untersuchung der erforderlichen Kompetenzanforderungen zukünftiger Unterwegssein-Arbeitswelten (Future Skills).