ENROK
Entwicklung einer nachhaltigen Rohstoffbasis für Kultursubstrate im Gartenbau
Projektbeschreibung
Das Projekt ENROK
Zur Erreichung internationaler Klimaschutzziele soll gänzlich auf den Abbau von Torf verzichtet werden. Allerdings stellt Torf bislang den wichtigsten Bestandteil von gärtnerischen Kultursubstraten und Blumenerden dar. Noch fehlt es an Substratausgangsstoffen, die den Torf in Bezug auf Menge, Qualität und Kosten vollständig ersetzen können. Pflanzenbauliche Herausforderungen bereits bekannter Alternativen sind u. a. die Stickstoffimmobilisierung, ein hoher Salzgehalt sowie ein hoher pH-Wert. Vor diesem Hintergrund werden an der Hochschule Osnabrück im durch das BMEL geförderten Forschungsprojekt ENROK Strategien zur Optimierung der Substratausgangsstoffe Kompost, Holzfasern sowie aus Paludikultur stammenden Pflanzenfasern entwickelt.
Zur Stabilisierung des Stickstoffhaushaltes werden unterschiedliche Verfahren zur Erhöhung der Widerstandsfähigkeit gegenüber mikrobiellem Abbau erprobt. Hierzu zählt etwa die Beaufschlagung der Holz- und Pflanzenfasern mit Lignin. In einem anderen Ansatz sollen die Fasern durch thermisch und thermohydrolytische Behandlungen so verändert werden, sodass sie nur langsam von Mikroorganismen abgebaut werden können. Weitere Formen der Stabilisierung sind die Kompostierung und Silierung. Bei der Kompostierung wird ein neuer Ansatz zur Reduktion des pH-Wertes unter Einsatz von elementarem Schwefel getestet. Auf diesem Weg soll auch die Freisetzung von umweltschädlichen Emissionen (Lachgas, Ammoniak) während des Rotteprozesses erreicht werden.
Im Fokus eines weiteren Arbeitspakets steht die Weiterentwicklung von Verfahren zur Bewertung der Stickstoffimmobilisierung. Als Ansätze hierzu werden die Messung der Denitrifikation im Brutversuch sowie nicht-destruktive Nährstoffextraktions-Schnelltests untersucht.
Das Projekt ENROK ist in folgende Arbeitspakete untergegliedert:
Holzfasern sind mit einem Marktanteil von 12% der zurzeit bedeutendste Torfersatzstoff für gartenbauliche Kultursubstrate in Deutschland (IVG, 2022). Sie werden durch das mechanische und thermische Auffasern von Sägeabfällen und Resthölzern gewonnen, welche in der holzverarbeitenden Industrie anfallen. Das aufgefaserte Material ist praktisch frei von pflanzenschädigenden Inhaltsstoffen und Schaderregern, hat eine hohe Luftkapazität und eine geringe Salzkonzentration. Ein wesentlicher Nachteil ist die Immobilisierung von Stickstoff, welche das Pflanzenwachstum erheblich beeinträchtigen kann. Vor diesem Hintergrund können Kultursubstraten zumeist nur maximal 20 % (Volumenanteil) Holzfasern beigemischt werden.
Ursächlich für die Immobilisierung ist die geringe Stabilität des zellulosereichen aufgefaserten Materials gegenüber mikrobiellem Abbau. Im Vergleich zur Zellulose werden Lignine nur langsam abgebaut. Lignine fallen als Nebenprodukt in der Zellstoffproduktion (z.B. Papierherstellung) an. Inwiefern eine Beaufschlagung von Holzfasern mit technisch gewonnenem Lignin die Widerstandsfähigkeit gegenüber mikrobiellem Abbau erhöhen kann wird nun in einer Reihe von Labor- und Inkubationsversuchen geprüft. Weiter werden die Pflanzenverträglichkeit und Anbaueignung der modifizierten Fasern in Vegetationsversuchen bewertet.
Grüngutkompost: Ansäuerung des Rottematerials während der Kompostierung zur Optimierung des pH-Werts
Obwohl im Jahr 2022 Grüngutkompost mit 31 % den wichtigsten Ausgangsstoff für Blumenerden im Hobbybereich dargestellt hat, betrug der Einsatz in der substrattechnischen Verarbeitung im Profibereich nur 4 % .1 Ein Grund für die Begrenzung ist der hohe pH-Wert, welcher unabhängig von der Art des Ausgangsmaterials meist im (schwach) alkalischen Bereich liegt. Zu hohe pH-Werte im Substrat führen bei empfindlichen Pflanzen, mit Ausnahme von Molybdän, schnell zu Spurennährstoffmangel. Dabei prägt sich Eisenmangel zuerst und am stärksten aus. In seltenen Fällen kann es auch zu einer Phosphatfestlegung im Substrat kommen.2
Besonders in torfreduzierten bzw. torffreien Mischungen stellt der hohe pH-Wert von Grüngutkompost ein Problem dar, da sich dieser durch den Einsatz weiterer Torfsubstitute, z.B. Holzfasern nicht abpuffern lässt. Als besondere Herausforderung sind in diesem Zusammenhang Substrate für Kulturen einzustufen, deren Kulturansprüche einen besonders niedrigen pH-Wert erfordern.
Ziel des Teilprojekts ist es, verschiedene Ansätze zu prüfen, welche die Alkanität von Grüngutkompost bereits während der Kompostierung vermindern sollen. Hierdurch soll nicht nur ein sofort einsatzfähiges Endprodukt erzeugt sondern auch die Emission umweltrelevanter Spurengase (Ammoniak, Lachgas), welche während der Kompostierung in nennenswertem Umfang auftreten können, reduziert werden. Zu diesem Zweck sind zunächst Modellversuche in Behältern von bis zu 70 Litern Füllvolumen vorgesehen. Erfolgsversprechende Varianten sollen im nächsten Schritt in größeren Kompostierungsboxen (1,8 m3) wiederholt und anschließend auf ihre pflanzenbauliche Eignung als Substratausgangsstoff untersucht werden.
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1 IVG Produktionsstatistik (2022).
2 Schmitz, H.-J., Fischer, P. (2002): Absenkung des pH-Werts von Kompost. In: Zentralverband Gartenbau e.V. (ZVG) (Hrsg.) "Handbuch Kompost im Gartenbau". Bonn: FGG Förderungsgesellschaft Gartenbau mbH, 221-241.
Als neuer, nachhaltiger und aus heimischen Anbau erzeugter Rohstoff für Gartenkultursubstrate kommt Rohrkolben in Frage. Rohrkolben stammt aus Paludikulturen (palus = lat. Sumpf), und wächst auf wiedervernässten Flächen. Durch den Anbau von, aus Paludikulturen stammenden Ernteprodukten, bleiben wiedervernässte Niedermoorflächen wirtschaftlich weiterhin nutzbar.
Für Kultursubstrate eignen sich unbehandelte Rohrkolbenhäcksel jedoch nicht, da sie nicht ausreichend gegen mikrobiellen Abbau geschützt sind und so zu einer N-Immobilisierung führen. Die Folgen sind Minderwuchs und Mangelsyptome der Pflanze. Daher sollen in diesem Projekt verschiedene Ansätze getestet werden, die zu Abbau stabileren Häckselgut führen.
Zum einen könnte durch eine thermische- oder thermohydrolytische Behandlung der Häcksel, der Anteil an leicht zersetzbarer Hemicellulose zu Gunsten des abbaustabilen Lignins veringert werden.
Eine weitere Möglichkeit stellt die Silierung dar. Bei der unter aneroben Bedingungen, leicht abbaubare Kohlenhydrate in Milchsäure umgewandelt werden.
Zur Bewertung der pflanzenbaulichen Eignung von Substratkomponenten und Mischungen stehen auf nationaler und internationaler Ebene etablierte Tests zur Verfügung. Die meisten Methoden wurden für torfbasierte Kultursubstrate entwickelt. Bei Substraten auf Basis von z.B. Holzfasern lassen sich die im Labor ermittelten Ergebnisse dieser Standardmethoden oft nur bedingt in Anbautests widerspiegeln. Dies gilt insbesondere für die Bewertung der Stickstoffimmobilisierung und Nährstoffverfügbarkeit im Substrat. Folgende Methoden sollen im Hinblick auf Torfersatzstoffe optimiert bzw. weiterentwickelt werden:
Bewertung der mittelfristigen Stickstoffimmobilisierung im Bruttest (VDLUFA-Methode)
Dazu wird ein zu testendes Substrat unter definierten Bedingungen (Nährstoffgehalte, Substratfeuchte, Temperatur) für 20 Tage in einem Klimaschrank aufgestellt. Änderungen in der Nährstoffkonzentration dienen als Indikator für die mittelfristig zu erwartende Immobilisierung oder Mineralisierung im Substrat. Ziel ist es unter einbeziehen weiterer Parameter (N2O) die Aussagekraft des Bruttestes zu verbessern und die Inkubationsdauer zu verkürzen.
Nährstoffextraktion und Messung via Pour Thru-Methode
Hierbei handelt es sich um ein Schnelltestverfahren zur Einschätzung der Nährstoffverfügbarkeit im Topfballen. Ziel ist es die in diesem Verfahren gewonnenen Extrakte bereits vor Ort, in der Gärtnerei, analysieren zu können. Der Probenexport in ein Analysenlabor kann somit entfallen. Dies würde eine schnelle Anpassung der Düngung an die Pflanzenbedarfe ermöglichen.
ENROK auf einen Blick: Zahlen, Daten, Fakten
- Projektlaufzeit
01.07.2023 - 30.06.2026
- Voraussichtliche Projektlaufzeit nach genehmigter Verlängerung
01.07.2026 - 30.06.2028
- Anzahl Mitarbeitende
5
- Kooperationspartner
Papiertechnische Stiftung (PTS)
Georg-August-Universität Göttingen, Fakultät für Forstwissenschaften & Waldökologie, Abteilung Holzbiologie und Holzprodukte
- Fördermittelgeber
Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE)
Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL)
Projektteam
- Projektkoodinator:
Prof. Dr. Diemo Daum (3.v.l)
- Teamleiter:
Dr. Christian Frerichs (1.v.l.)
- Wissenschaftl. Mitarbeiterin Teilprojekt Grüngutkompost
Isabell Brügger (Doktorandin) (5.v.l.)
- Wissenschaftl. Mitarbeiterin Teilprojekt Rohrkolbenhäcksel
Madita Kristin Schulz (Doktorandin) (2.v.l.)
- Labortechnischer Assistent:
Rik van Klink (4.v.l.)