Drei Perspektiven auf Forschung und Lehre: Antrittsvorlesungen an der Hochschule Osnabrück Dienstag, 29. April 2025

v.l.: Prof. Astrid Zimmermann, Prof. Dr. Shoma Berkemeyer, Prof. Dr. Stefanie Krebs und Prof. Dr. Cord Petermann

Drei Professorinnen der Fakultät Agrarwissenschaften und Landschaftsarchitektur stellen sich vor

Am 10. April 2025 hielten drei Professorinnen der Fakultät Agrarwissenschaften und Landschaftsarchitektur ihre Antrittsvorlesungen an der Hochschule Osnabrück. In ihren Vorträgen gaben Prof. Astrid Zimmermann, Prof. Dr. Shoma Barbara Berkemeyer und Prof. Dr. Stefanie Krebs Einblicke in ihre jeweiligen Fachgebiete, stellten zentrale Forschungsschwerpunkte vor und zeigten, was ihre Lehre prägt. Moderiert wurde die Veranstaltung von Prof. Dr. Cord Petermann, Prodekan der Fakultät.

Prof. Astrid Zimmermann – Gestalten zwischen Regelwerk und Freiheit

Den Auftakt machte Prof. Astrid Zimmermann mit ihrer Antrittsvorlesung zum Thema „Zwischen Regelwerk und gestalterischer Freiheit – Herausforderungen des material- und konstruktionsbezogenen Entwerfens“. Sie zeigte auf, wie sich Regelwerke auf gestalterische Prozesse auswirken und welche Spielräume sich daraus ergeben können – und sollten.
Eingangs verwies sie auf ihre Publikation Landschaft konstruieren, in der sie Grundlagen des regelgerechten Bauens mit Beispielen kontrastiert, die sich durch besondere gestalterische Qualität und weniger standardisierte Lösungen auszeichnen.
Zentral war für sie die Frage, wie überhaupt gestalterische Qualität im Gebauten entstehen kann. Hierzu bezog sie sich auf Martin Heidegger (1953) und O. M. Ungers (1961), die drei zentrale Komponenten benennen: Zweck, Gestalt und Material(gerechtigkeit). Im Zusammenspiel von kreativer Absicht und den ästhetischen wie physikalisch-technischen Eigenschaften eines Materials entstehe gestalterische Qualität. Anhand ausgewählter Beispiele erläuterte sie den materialgerechten Einsatz von Baustoffen.
Darüber hinaus thematisierte sie die Notwendigkeit eines reflektierten Umgangs mit der Vielzahl an Regelwerken und deren zeitgeschichtlichen Kontext. Sie betonte, dass nicht jedes Regelwerk in jeder Situation gleichermaßen oder widerspruchsfrei angewendet werden könne. So seien alternative Lösungen auch deshalb möglich, weil „allgemein anerkannte Regeln der Technik“ nicht zwangsläufig dem „Stand der Technik“ entsprechen.

Zum Abschluss präsentierte sie aktuelle Detaillösungen aus der Praxis sowie studentische Arbeiten, die aufzeigen, wie durch die Weiterentwicklung bestehender Verfahren neue Ansätze für klimagerechtes und biodiversitätsförderndes Bauen entstehen können.

Prof. Dr. Shoma Berkemeyer – Ernährungswissenschaften: Systemisch, translational und international

Im Anschluss stellte Prof. Dr. Shoma Berkemeyer in ihrer Antrittsvorlesung die Professur für Ernährungswissenschaften vor. Der Vortrag gliederte sich in fünf Hauptbereiche: Professur, Historie, Hypothesen, Highlights und Werdegang.
Im Bereich der Professur verantwortete sie die Themen Ernährungswissenschaften sowie Ernährungstherapie und -beratung. Zudem leitet sie das NutritionLab. Ihre Forschung verortete sie auf vier Ebenen: nutzerorientierte Grundlagenforschung, klinische Praxisforschung, observationelle bzw. epidemiologische Systemforschung sowie transferorientierte Politik- und Bildungsforschung.
Die historische Entwicklung der Ernährungswissenschaften beleuchtete sie international und national, wobei sie besonders auf die Institutionalisierung als eigenständige Disziplin in Deutschland im Jahr 1956 einging. Unter dem Stichwort „Hypothesen“ stellte sie neue Paradigmen für Zivilisationskrankheiten vor, darunter ihre „Straight Line Hypothesis of Diseases and Aging“ sowie Ansätze zu Human-Care und digitaler Gesundheitsversorgung.
Als Highlights ihrer bisherigen Arbeit nannte sie unter anderem die anwendungsorientierte Grundlagenforschung zu Mikrobiomen, die Proteinsupplementierung bei Sporttreibenden, das Ernährungsverhalten, den German-Nutritional Care Process und die Entwicklung von Leitlinien.
Ihr Werdegang zeigte eine internationale wissenschaftliche Ausbildung mit Studienabschlüssen aus Indien, Großbritannien und Deutschland sowie vielfältige berufliche Stationen und ein breites Spektrum an außerfachlichen Aktivitäten.

Prof. Dr. Stefanie Krebs – Freiraum- und Gartenkultur als kulturelle Praxis

Den Abschluss der Veranstaltung bildete Prof. Dr. Stefanie Krebs mit ihrer Antrittsvorlesung unter dem Titel „Umspannwerk und Paradies – freiraumkulturelle Bestimmungen“. Seit 2021 ist sie Professorin für Freiraum- und Gartenkultur.
Zu Beginn ihres Vortrags führte sie das Publikum mithilfe eines kurzen Audiowalks auf eine Zeitreise in die 1950er Jahre. Dabei war – mit Blick auf das Campusgelände – die Stimme des 90-jährigen Landschaftsarchitekten Ruprecht Dröge zu hören, der berichtete, wie er als Student an dessen Gestaltung mitwirkte.
Mit dieser klanglichen Ebene illustrierte Prof. Krebs einen von vier „Blicken“ – im Sinne methodischer Herangehensweisen –, die ihr Fachgebiet prägen: Der Zeitachsenblick verbindet Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft von Stadt und Landschaft. Um die Zukunft eines Ortes zu gestalten, müsse man seine Geschichte verstehen.
Der Querschnittsblick richte sich auf die Vielfalt von Freiraumkulturen – von Parkanlagen und Gärten bis hin zu Parkplätzen und Umspannwerken. Grundlage dafür seien die Cultural Landscape Studies aus dem angloamerikanischen Raum, ein zentrales Forschungsfeld von Prof. Dr. Krebs.
Mit dem Seitenblick schaute sie über die Grenzen der Disziplin hinaus – etwa in die bildende Kunst –, um neue Perspektiven auf das eigene Fach zu eröffnen. Schließlich thematisierte sie den nicht nur menschlichen Blick: den Versuch, die Perspektive von Tieren oder Landschaftselementen einzunehmen. Dieser Perspektivwechsel könne angesichts des Klimawandels die Dringlichkeit landschaftlicher Transformation verdeutlichen.

So wurde das Umspannwerk in ihrem Vortrag auch zum Symbol für Veränderung – hin zu einer Welt, in der das Paradies zumindest aufscheinen kann.

Von: Ronan Morris

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