Datenschutz steht dem Kinderschutz nicht im Weg Mittwoch, 7. Juli 2021

Prof. Dr. Christof Radewagen ist Experte für die Themen Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung, Kinder- und Jugendhilfe sowie Vertrauensschutz und Datenschutz an der Hochschule Osnabrück. Von ihm ist jetzt der Leitfaden „Vertrauensschutz im Kinderschutz“ erschienen, der Handlungssicherheit im Umgang mit personenbezogenen Daten in der Jugendhilfe vermittelt.

Prof. Dr. Christof Radewagen von der Hochschule Osnabrück legt Leitfaden für den sicheren Umgang mit personenbezogenen Daten in Kinderschutzfällen vor

Welche Daten darf ich im Falle einer tatsächlichen oder vermuteten Kindeswohlgefährdung als Fachkraft des Jugendamtes oder eines freien Jugendhilfeträgers erheben und weitergeben? Was ist dabei zu beachten und wann sind die Betroffenen über die Datenverarbeitung zu informieren?

Fragen, die sich in der Jugendhilfe ständig stellen und oft zu Unsicherheit führen, wie Prof. Dr. Christof Radewagen von der Hochschule Osnabrück aus praktischer Erfahrung weiß. „Bei dem Thema Kindeswohlgefährdung und Datenschutz gibt es immer wieder Berührungsängste und einen sich daraus ableitenden großen Aufklärungsbedarf. Mit dem Leitfaden „Vertrauensschutz im Kinderschutz“, möchte ich die Handlungssicherheit der Fachkräfte in diesem Bereich erhöhen. Zu keinem Zeitpunkt darf es in Folge datenschutzrechtlicher Bedenken durch ein Nichterheben oder Nichtübermitteln von Daten zu einer Kindeswohlgefährdung kommen,“ betont Radewagen.

Vertrauen aufzubauen, zu schützen und sensibel mit den Daten umzugehen, bilde die Grundlage für eine gelingende Zusammenarbeit zwischen Fachkraft, Kind und Familie. Eine vertrauensvolle Beziehung zwischen den Fachkräften und den Betroffenen ist essentiell für einen gelingenden Kinderschutz. Wenn Erziehungsberechtigte, Kinder und Jugendliche den Helferinnen und Helfern vertrauen, sprechen sie auch unangenehme Themen an und offenbaren dabei auch zum Teil unbekannte Gefahrensituationen. „Es sollte deshalb immer das Ziel sein, die Vertrauensbeziehung zu stärken und die Zustimmung der Beteiligten zur Erhebung und Weitergabe von Daten zu erhalten. Ausnahmen von dieser Vorgehensweise sind jedoch immer dann angezeigt, wenn sich durch die Einbeziehung der Betroffenen die Gefährdung für das Kind oder den Jugendlichen erhöhen würde,“ so der Professor. . Um die Einwilligung der Betroffenen zur Datenverarbeitung zu erhalten, helfe es sehr, die Gründe für eine Übermittlung zu erklären und Transparenz herzustellen. Letztlich müsse jedoch das Wohl des Kindes immer Vorrang haben vor der Zustimmung der Eltern.

Als „Ammenmärchen“ bezeichnet Radewagen die Annahme, der Datenschutz setze dem Kinderschutz unüberwindbare Grenzen. Wer die einschlägigen Rechtsgrundlagen kenne und verstanden habe, der könne in jeder Situation sicher und zum Wohle des Kindes handeln. Hier setzt der Leitfaden an und klärt wesentliche datenschutzrechtliche Fragen aus der Praxis und bietet entsprechende Antworten an. Dabei wird unterschieden zwischen Fällen, in denen das Jugendamt Hinweise zu einer Kindeswohlgefährdung erhält, Fällen, in denen freie Träger als Leistungserbringer im Rahmen einer Hilfe zur Erziehung tätig sind, sowie Fällen im Schnittstellenbereich von Jugendamt und anderen Stellen und Personen, etwa Ärzten, Lehrern, Schulen, Beratungsstellen, Kindergärten oder Jugendzentren.

Der Leitfaden „Vertrauensschutz im Kinderschutz“ ist praxistauglich konzipiert und ermöglicht das gezielte Nachschlagen.

Ein Download der Datenschutzbroschüre, die im Kontext des Gesamtkonzepts „Kinderschutz in Niedersachsen“, des niedersächsischen Sozialministeriums und des Niedersächsischen Landesamtes für Soziales, Jugend und Familie umgesetzt wird, ist über die Website des Ministeriums möglich.

Das Ministerium hält auch eine begrenze Zahl gedruckter Ausgaben bereit, die kostenfrei bestellt werden können.

Weitere Informationen:

Prof. Dr. Christof Radewagen
E-Mail: c.radewagen@hs-osnabrueck.de

Von: Isabelle Diekmann