Osnabrücker Wissenschaftlerin entwickelt Test für interkulturelle Kompetenz Dienstag, 16. Juni 2020

Jede vierte Person in Deutschland hat einen Migrationshintergrund. Interkulturelle Kompetenz wird daher zur Schlüsselqualifikation für das Arbeiten und Zusammenleben in Deutschland. Wirtschaftspsychologin Prof. Dr. Petia Genkova von der Hochschule Osnabrück entwickelt eine Open Source Lösung zur Messung von interkultureller Kompetenz, um nachhaltig die Offenheit, Toleranz und Integration in der Gesellschaft zu fördern.

83 Millionen Menschen leben in Deutschland. Laut statistischem Bundesamt hat in Deutschland rund jede vierte Person einen Migrationshintergrund. Die Prognosen zeigen, dass sich mittelfristig der Anteil von Personen mit Migrationshintergrund erhöhen wird. Vor diesem Hintergrund gewinnt interkulturelle Kompetenz, also die Fähigkeit, sich angemessen und effektiv in interkulturellen Situationen zu verhalten, immer mehr Bedeutung. Prof. Dr. Petia Genkova, Professorin für Wirtschaftspsychologie, entwickelt im Projekt „CULT_EURO_1 - Test für Interkulturelle Kompetenz: Validierung der Messung und Diagnostik von allgemeiner und westeuropäisch-kulturspezifischer Interkultureller Kompetenz“ eine Messung für genau diese Kompetenz.

„Durch die fortschreitende Diversifizierung der deutschen Gesellschaft ist eine konfliktfreie, effektive und kulturell faire interkulturelle Kommunikation unerlässlich“, erklärt Genkova. Mithilfe des Tests sollen künftig in der Wirtschaft und in Bildungseinrichtungen wie Hochschulen, bei der Polizei oder der Bundesagentur für Arbeit interkulturelle Kompetenzen gemessen werden. „So lässt sich zum Beispiel herausfinden, welche Person besonders gut für die internationale Zusammenarbeit im Unternehmen geeignet ist. Gleichzeitig können Defizite aufgezeigt und mit gezieltem, individuellem Training die interkulturelle Kompetenz gefördert werden“, sagt Genkova. Damit liefert der Kompetenztest einen entscheidenden Beitrag zur Bewältigung der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Herausforderungen durch stetig steigende Migrationszahlen. „Mit diesem Test sollen Mitarbeitende für die globale Arbeitswelt befähigt werden.“
 

Kommunikations- und Verhaltensweisen in verschiedenen Situationen flexibel anpassen
 

So ermöglicht interkulturelle Kompetenz, Kommunikations- und Verhaltensweisen in verschiedenen Situationen flexibel anzupassen. „In vielen, auch europäischen Ländern ist das Verständnis von Pünktlichkeit ein anderes. Termine werden teilweise erst mit einer Stunde Verspätung wahrgenommen. Interkulturelle Kompetenz bedeutet in diesem Zusammenhang die Perspektive wechseln zu können, Empathie gegenüber den Verhaltensweisen anderer Kulturen zu zeigen und kultursensibel zu kommunizieren“, erklärt die Wirtschaftspsychologin. Langfristig soll der Test auch zur besseren gesellschaftlichen und beruflichen Integration von Geflüchteten führen und die Akzeptanz und das Verständnis von verschiedenen Kulturen steigern. Er soll zudem Hindernisse bei der Integration am Arbeitsplatz abbauen und die Zusammenarbeit in divers-geprägten Gruppen fördern. An Hochschulen kann der Test zur Vorbereitung auf ein Auslandssemester genutzt werden. „Die Sensibilisierung für interkulturelle Kontakte kann insgesamt zu weitreichenden sozialen Veränderungen für ein globalisiertes Deutschland beitragen“, fasst Genkova zusammen.

Den Test wird es als Paper-Pencil-Lösung und als Online-Test geben. Durch Schulungen sollen Unternehmen die kostenlosen Tools selbstständig nutzen können. Vor der Einführung wird der Test an über 1.000 Studierenden, Berufstätigen und Erwerbslosen quantitativ und qualitativ getestet.  


Weitere Informationen:

Prof. Dr. Petia Genkova
E-Mail: p.genkova@hs-osnabrueck.de
Telefon: 0541 969-3772

 

Zum Hintergrund:


Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) unterstützt das Projekt „CULT_EURO_1 - Test für Interkulturelle Kompetenz: Validierung der Messung und Diagnostik von allgemeiner und westeuropäisch-kulturspezifischer Interkultureller Kompetenz“ im Rahmen der Fördermaßnahme "Validierung des technologischen und gesellschaftlichen Innovationspotenzials wissenschaftlicher Forschung - VIP+" mit rund 800.000 Euro. CULT_EURO_1 ist das erste Projekt an der Hochschule Osnabrück, das im Rahmen der Fördermaßnahme VIP+ gefördert wird. Die Laufzeit des Projekts ist bis Mitte 2023 angesetzt. Neben Genkova arbeiten Prof. Dr. Juliana Roth von der LMU München sowie Prof. Dr. Siegfried Preiser von der Hochschule Berlin und Prof. Dr. Martina Stangel-Meseke von der FOM Dortmund an der Entwicklung des Tests.


Prof. Dr. Petia Genkova leitet in Osnabrück das Kompetenzzentrum „Globale Kompetenz“. Neben ihrer Lehr- und Forschungstätigkeit in den Bereichen Sozialpsychologie, Diversity und Gender Mainstream, Interkulturelle Kommunikation und interkulturelle Psychologie ist sie Mitherausgeberin verschiedener Zeitschriften der Psychologie- und Diversitätsforschung und als Gutachterin unter anderem für das BMBF tätig. Genkova arbeitete darüber hinaus an zahlreichen Projekten wie „Globale Kompetenz und Soziale Verantwortung“ und „FairFuture – Horizon 2020“. 2018 erhielt sie den Höffmann-Wissenschaftspreis für Interkulturelle Kompetenz für Ihr Lebenswerk und innovative und wegweisende Forschung.

 

Von: Jasmin Schulte