Nachbarschaftshilfe „Buurtzorg“: Ein Ausweg aus dem Pflegenotstand? Mittwoch, 26. Februar 2020

Evaluieren gemeinsam das niederländische Pflegemodell „Buurtzorg“ (v.l.): Gunnar Sander, Prof. Dr. Rüdiger Ostermann, Prof. Dr. Andreas Büscher, Eva Maria Gruber, Iris Feldman, Monique Bruns, Cornelia Gang, Tobias Becker. Foto: Martin Großmann

Hochschule Osnabrück und FH Münster evaluieren ein neues ambulantes Pflege-Modell

(Osnabrück, 26. Februar 2020) Dass ein zunehmender Pflegenotstand in Deutschland herrscht, liegt nicht nur daran, dass der Pflegeberuf für viele junge Leute unattraktiv geworden ist, sondern es fehlt ein gutes ambulantes Pflegemodell. Wie ein gutes Modell aussehen kann, zeigt Deutschlands Nachbar. Ganz im Sinne guter Nachbarschaft existiert in den Niederlanden bereits seit über zehn Jahren das Pflegemodell „Buurtzorg“, das übersetzt Nachbarschaftshilfe bedeutet. Hier wird auf flache Hierarchien und eine enge Einbindung in die Gemeinde vor Ort gesetzt. Um sich der Frage zu stellen, ob dieses Modell auch in Deutschland funktionieren kann, haben sich zum Jahresbeginn die Hochschule Osnabrück, die FH Münster und das Netzwerk Gesundheitswirtschaft Münsterland e.V. (GeWi) mit Förderung des GKV Spitzenverbandes gemeinsam zu einem Kick-Off-Meeting des Projektes „Buurtzorg Evaluation“ zusammengesetzt.

Buurtzorg als Impulsgeber für ein besseres Pflegemodell
Im Rahmen des Projektes, das von Seiten der Hochschule Osnabrück durch Prof. Dr. Andreas Büscher, Professor für Pflegewissenschaft, begleitet wird, soll das Modell „Buurtzorg“ auf wissenschaftlicher Ebene mit dem traditionellen Pflegemodell verglichen und evaluiert werden. „Buurtzorg kann – wie andere Initiativen auch – einen wichtigen Innovationsimpuls setzen, den Aufbruch zum Neuen mitzugestalten“, so Büscher. „Wir möchten Erkenntnisse über ein neues Arbeits- und Organisationsmodell gewinnen und die Kompatibilität mit dem geltenden System der ambulanten Pflege in Deutschland auf Ebenen der Leistungsgestaltung, -finanzierung und der Qualitätssicherung der Pflege erforschen“, erklärt Prof. Dr. Rüdiger Ostermann, der als Dekan des Fachbereichs Gesundheit der FH Münster das Projekt begleitet.

Pflegende sollen wieder Zeit für die Pflege haben
Die Erfahrungen aus den Niederlanden wecken einen positiven Eindruck: Über 10.000 Mitarbeitende sind inzwischen in den Niederlanden und mittlerweile auch in Hörstel, Emsdetten und in Münster in „Buurtzorg“-Teams organisiert. Vorteile des Modells sind, dass die Pflegenden völlig selbstbestimmt in kleinen Gruppen, eng eingebunden in die örtlichen Gemeinschaften, arbeiten. Die Abrechnung erfolgt bei den Buurtzorg-Teams nicht wie in Deutschland üblich nach Leistungskomplexen, sondern nach Zeitfenstern. So bleibt mehr Zeit für die konkreten Bedürfnisse der Pflegebedürftigen. Das niederländische Modell kann nicht sofort eins zu eins in Deutschland angewendet werden, da in Deutschland andere rechtliche Grundlagen herrschen. Jedoch sollen durch die Evaluation des Pflegemodells Änderungen in der Pflege erreicht werden. „Ziel ist es, den Pflegenden wieder den Raum zu geben, das zu tun, was sie anfangs veranlasst hat, den Beruf zu ergreifen: die Pflege“, betont Büscher.

Weitere Informationen:

Eva Maria Gruber, M.Sc.
Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften
Wissenschaftliche Mitarbeiterin
Telefon: 0541 969-3796
E-Mail: eva.gruber@hs-osnabrueck.de

Von: Lena-Lotte Peters