Start-ups zum Fliegen bringen: Start-ups, Agrarfachleute sowie Förderinnen und Förderer diskutierten über Künstliche Intelligenz in der Landwirtschaft Montag, 14. September 2020

Gründerinnen und Gründer aus dem Agrarbereich erhielten bei der Hybrid-Veranstaltung am 10. September Antworten auf die Frage: „Ist meine Idee – mein Start-up – förderfähig?“ und erfuhren gleichzeitig von den zahlreichen Unterstützungsmöglichkeiten. Gemeinsam mit dem Seedhouse (ein Projekt der ICO InnovationsCentrum Osnabrück GmbH) organisierte das Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Lingen die Veranstaltung, die mit über 40 Teilnehmenden auf besonders große Resonanz stieß. Unterstützt wurde diese durch f3-farm.food.future und moderiert durch Nikolas Neddermann, wissenschaftlichen Mitarbeiter der Hochschule Osnabrück und selbst Landwirt.

Digitalisierung im Agrarbereich

Der digitale Fortschritt macht auch vor dem Agrarbereich nicht Halt. Start-up-Unternehmerinnen und -Unternehmer haben oft Ideen, die zur Verbesserung von Abläufen oder ganz neuen Geschäftsmodellen führen. Doch bevor eine Idee zu einer Innovation wird, also die sogenannten „Marktreife“ erlangt ist, sind häufig Hürden zu meistern. Dabei sind digitale Prozesse, bei denen umfangreiche Daten zu managen und zu verwalten sind, Herausforderung und Chance zugleich. Diese wurde im Einführungsvortrag von Tim Siebert, Start-up-Manager im Seedhouse, deutlich.


Start-ups berichten von ihren Erfahrungen
Zu Gast waren drei Start-ups aus dem Agrarsektor: seedalive, Trilitec und SAM-Dimension, die ihren Werdegang und ihre Erfahrungen während und nach der Gründung schilderten. Denn hinter jedem Start-up stecken Persönlichkeiten, die für ihre Idee brennen und Hindernisse in Kauf nehmen, damit die eigene Vision Wirklichkeit wird.

Seedalive nutzt KI in ihrem Keimfähigkeitsschnelltest für Samenkörner. Sie sind eine Ausgründung der Universität Osnabrück (Fachbereich Biologie, Prof. Dr. Klaus Mummenhoff). Jens Varnskühler von seedalive berichtet: „Die Nachfrage nach den Tests ist sehr groß. Die Tests sind ungefährlich, zuverlässig, unaufwändig, schnell, günstig und die Samen erhaltend.“ Nach nur vier Stunden lässt sich anhand des Farbumschlags der seedalive Testlösung durch KI die Keimfähigkeit der untersuchten Samen klassifizieren.

Bei Robin Mink von SAM-Dimensions geht es hoch hinaus. „Bis zu 90 Prozent der ausgebrachten Herbizide treffen nicht die Unkräuter, sondern den Boden oder die Kulturpflanze“, so Mink. Die Lösung: Es sollen nur an den Stellen im Feld Herbizide ausgebracht werden, an denen sich Unkräuter befinden. Mit einer Drohne überfliegen die Gründer Felder und können KI-basiert Unkräuter erkennen. Daraus wird eine Applikationskarte erstellt und dem Landwirt zur Verfügung gestellt. Nun kann dieser eine einzelpflanzenspezifische Behandlung vornehmen, was nicht nur kostensparend, sondern auch umweltschonend ist.

„Der Erntewächter“ – so nennen die drei Brüder von Trilitec ihre Sensorplattform zur Objekterkennung und -unterscheidung, erzählt Gründer Benjamin Littau. Er besteht aus Kameras und Sensoren, die auf dem Dach eines Treckers montiert werden. Eine KI wertet dann die empfangenen Daten aus. So können Kulturpflanzen von Metallen, Steinen oder auch Tiere unterschieden werden: Die Ernte kann sicher und ohne Zwischenfälle und Stillstandszeiten erledigt werden.


Fördermöglichkeiten für KI-Agrar-Start-ups

Start-ups werden von mehreren Seiten mit Fördermöglichkeiten und fachkompetenten Ansprechpersonen unterstützt. So stellte Dr. Stefanie Grade von der Deutschen Stiftung Umwelt (DBU) das „Green Start-up Programm“ vor. Beispielhaft nannte sie zwei von der DBU geförderte Start-ups mit KI-basierten Innovationen. Wichtig in diesem Förderprogramm ist, dass durch das Geschäftsmodell auf innovative und wirtschaftlich tragfähige Weise Lösungen für Umwelt, Ökologie und Nachhaltigkeit entwickelt werden.

Dr. Stefan Stiene vom Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) berichtete über die Forschungsaktivitäten des DFKI im Anwendungsfeld Landwirtschaft in Osnabrück. Zu diesen gehören die Projekte Experimentierfeld Agro-Nordwest, DAKIS, SoilAssist oder Zukunftslabor Agrar. Darüber hinaus stellte er dar, wie Agrar Startups in DFKI-Projekten mitwirken können. „Start-ups zum Fliegen bringen - das funktioniert in Deutschland schon ganz gut“, sagte Dr. Benjamin Kowalski in Hinblick auf die Situation der Unterstützungsmöglichkeiten für Start-ups. Er warb für das umfangreiche Netzwerk EIP Agrar & Innovation Niedersachsen (EIP-Agri) von der Europäischen Innovationspartnerschaft für Nachhaltigkeit und Produktivität in der Landwirtschaft.

Die zahlreichen Teilnehmenden aus ganz Deutschland bekamen mit diesen vielfältigen Vorträgen einen optimalen Überblick und Wegweiser für ihr KI-Agrar-Startup. Eine Fortsetzung der Veranstaltungsreihe ist geplant, kündigte Moderator Nikolas Neddermann an.
 

Von: Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Lingen