Stand der Energiewende im Emsland Mittwoch, 28. April 2021

Prof. Dr. Tim Wawer (Bild) hat zusammen mit Prof. Dr.-Ing. Anne Schierenbeck und dem wissenschaftlichen Mitarbeiter Jonas Baars den Stand der Energiewende im Emsland untersucht. Foto: Hochschule Osnabrück

Forschungsprojekt RegioPlus am Campus Lingen der Hochschule Osnabrück liefert erstmalig energiewirtschaftliche Gesamtbetrachtung des Landkreises.

Wie ist es um die Energiewende im Landkreis Emsland bestellt? Zu dieser Frage forschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am Campus Lingen der Hochschule Osnabrück seit knapp zwei Jahren im Projekt „Regionale praxisorientierte Lösungsansätze für Unternehmen mit Sektorkopplung“, kurz RegioPlus. Nun präsentieren Prof. Dr.-Ing. Anne Schierenbeck, Prof. Dr. Tim Wawer und der wissenschaftliche Mitarbeiter Jonas Baars erstmals detaillierte Ergebnisse zur Energieerzeugung, zum Energieverbrauch und zu regionalen Besonderheiten im Emsland.

„Wir haben auf Basis statistischer Daten ein energiewirtschaftliches Bild der 19 Gemeinden und Samtgemeinden im Landkreis gezeichnet. Die Daten beziehen sich größenteils auf das Jahr 2018, wobei als Zieljahr das Jahr 2030 betrachtet wird“, erklärt Prof. Wawer, der das vom Europäischen Fonds für regionale Entwicklung geförderte Forschungsprojekt gemeinsam mit Prof. Anne Schierenbeck leitet.

Den Schwerpunkt der Untersuchung bilde der Elektrizitätssektor. So werde insbesondere die Gegenüberstellung der erneuerbaren Stromproduktion zu dem lokalen Verbrauch der Haushalte, Gewerbe-, Handel- und Dienstleistung (GHD) sowie Industrie und Landwirtschaft in den Blick genommen.

Ausbau von Windenergie und Photovoltaik

Für die Erzeugung von erneuerbarem Strom für das Emsland lasse sich unter anderem ableiten, dass der Ausbau der Windenenergie zwar ungleich verteilt ist. „Für die Gemeinden Werlte, Dörpen, Lathen, Rhede, Sögel, Freren, Haselünne, Haren, Nordhümmling, Twist und Legerich aber gilt, dass sie die Ausbauziele der Bundesregierung erreicht haben. Dies kann als positiver Schritt der Energiewende im Emsland gesehen werden“, betont Schierenbeck.

Schaue man sich die Stromerzeugung aus Photovoltaik auf Dachflächen bei den privaten Haushalten und der Industrie an, gebe es insbesondere in den Städten Lingen und Papenburg noch Ausbaupotenzial, erklärt die Professorin für Energiemanagement am Campus Lingen. „Die Gemeinden Werlte, Geeste, Lengerich, Lathen, Haselünne, Rhede und Sögel haben schon viel erreicht. Wir können aber davon ausgehen, dass die Bundesregierung die eigenen Ziele vor dem Hindergrund des jüngst verschärften EU-Klimaziels deutlich anheben wird“, so Schierenbeck.

Stromverbrauch in Industrie und privaten Haushalten

In der Betrachtung sei vor allem aufgefallen, dass das Emsland sich durch Haushalte mit verhältnismäßig viel Wohnfläche, vielen Haushaltsmitgliedern sowie einem hohen Industrieanteil im Vergleich zur Einwohnerzahl auszeichne. „Letzteres zeigt sich im Stromverbrauch der Industrie. Dieser ist im Emsland, insbesondere in Lingen, Dörpen, Salzbergen, Meppen und Papenburg, deutlich höher als im Bundesdurchschnitt“, so Wawer. Aber auch in den privaten Haushalten gebe es in einigen Gemeinden des Emslandes einen vergleichsweise hohen Stromverbrauch, der sich auf die durchschnittlich größeren Wohnflächen zurückführen ließe. Ein überhöhter Wert im Vergleich zum Bundesdurchschnitt zeige sich zudem beim Wärmebedarf in den städischen Gemeinden.

„Der hohe Wärmeverbrauch erfordert Effinzienzmaßnahmen und Sanierungen von Wohngebäuden“, betont Schierenbeck. Ebenso sei der Ausbau von Wärmenetzen ratsam, um die erneuerbare Wärmeversorgung voranzutreiben. „Darüber hinaus werden die nächsten Jahre von einer Mobilitätswende geprägt sein. Das heißt, der Individualverkehr und die Logistik spielen eine entscheidende Rolle.“ Es müsse also geprüft werden, wie Elektromobiltät gefördert und Wasserstoff genutzt werden kann, sagt die Professorin.

Wasserstoff als Energiespeicher

„Als Energiespeicher ist Wasserstoff sinnvoll, wenn der für die Produktion benötigte Strom aus erneuerbaren Energien kommt“, fügt Wawer hinzu. Schierenbeck hebt einen weiteren Pluspunkt in der Wasserstoffproduktion hervor: „Die bei der Elektrolyse entstehende Abwärme kann in Wärmenetze eingespeist werden.“ Sie empfiehlt, vorhandene Blockheizkraftwerke für den Betrieb mit Wasserstoff vorzubereiten.

Energiewende muss vor Ort geschehen

„Insgesamt bietet der Landkreis Emsland im Vergleich zum Bundesdurchschnitt mit seiner geringeren Einwohnerzahl pro Fläche, seiner starken Energiewirtschaft und Industrie otpimale Voraussetzungen für einen weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien“, fasst Wawer zusammen und ergänzt: „In den nächsten zehn Jahren wird die Energieversorgung des Emslandes eine grundlegende Wandlung erfahren.“

Die Voraussetzungen für die Elektrifizierung der Sektoren Wärme und Mobilität würden bereits geschaffen und die Industrie habe die Möglichkeit, sich vor Ort günstig mit erneuerbaren Energien zu versorgen und neue Geschäftsfelder zu erschließen. Damit eröffneten sich Chancen für den Ausbau von Wind- und Solarenergie ebenso wie für kommunale Wärmenetze und Pilotprojekte im Bereich Wasserstoffnutzung.

„Die Untersuchung hat gezeigt, dass eine regionale Betrachtung der erneuerbaren Energieversorgung überaus wichtig ist, da die Umsetzung der Energiewende vor Ort geschehen muss“, betont der Professor für Energiewirtschaft abschließend.

 

Weitere Informationen:

Prof. Dr.-Ing. Anne Schierenbeck
Telefon: 0591 80098-210
E-Mail: a.schierenbeck@hs-osnabrueck.de

Prof. Dr. Tim Wawer
Telefon: 0591 80098-290
E-Mail: t.wawer@hs-osnabrueck.de

 

Von: Miriam Kronen