Digitalisierung: Team der Hochschule Osnabrück erhält 1,5 Millionen Euro zur Unterstützung des Mittelstands Montag, 5. Oktober 2020

Das Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Lingen präsentierte seine Beratungsangebote auf der letzten Fachmesse Agritechnica zahlreichen Interessierten aus der Landwirtschaft (v.l.n.r): Nikolas Neddermann, Marlene Bittner, Prof. Dieter Trautz und Lutz Plagge. (Foto: Hochschule Osnabrück / Lidia Wübbelmann)

Bundeswirtschaftsministerium verlängert Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Lingen um weitere zwei Jahre. Die Hochschule Osnabrück ist der größte Partner des Konsortiums und erhält rund 1,5 Millionen Euro an Fördergeld. Themenschwerpunkte des Osnabrücker Teams liegen auf den Gebieten Agrar (Kompetenzzentrum COALA) sowie Künstliche Intelligenz (KI) auf Unternehmensrechnern oder in der Cloud, beispielsweise in der Produktion und Wartung.

 

Seit drei Jahren unterstützt das Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Lingen kleine und mittlere Unternehmen (KMU) bei der Umsetzung ihrer Digitalisierungsvorhaben. Der Fokus liegt dabei auf der Entwicklung „datengetriebener Geschäftsmodelle“, die im Zentrum der digitalen Transformation von Unternehmen stehen. Der Beratungsbedarf ist hoch, denn für viele KMU ist Digitalisierung heute ein wichtiges Thema: Laut einer aktuellen Studie der KfW-Bankengruppe planen rund 60 Prozent der Mittelständler, in den kommenden zwei Jahren Digitalisierungsvorhaben im eigenen Unternehmen durchzuführen. Nun hat das Bundeswirtschaftsministerium die Arbeit des Lingener Kompetenzzentrums unter der Leitung der IT-Dienstleistungsgesellschaft mbH Emsland (kurz: it.emsland) um weitere zwei Jahre verlängert. Die Fördersumme für die Weiterführung des Projekts beträgt insgesamt vier Millionen Euro.

Rund 1,5 Millionen Euro davon entfallen auf die Hochschule Osnabrück, die der größte der insgesamt sechs Konsortialpartner ist und sich mit drei Fakultäten am Mittelstandszentrum beteiligt: „Agrarwissenschaften und Landschaftsarchitektur“ sowie „Ingenieurwissenschaften und Informatik“ in Osnabrück und „Management, Kultur und Technik“ am Campus Lingen.


Zusammenarbeit über die Fachgrenzen hinaus

Das interdisziplinäre Team vereint Kompetenzen auf den Gebieten Wirtschaftsinformatik, Landtechnik, Pflanzenbau und verschiedenen Teilgebieten der klassischen Informationstechnologie. Die Themenschwerpunkte liegen dabei auf den Gebieten „Agrar“ (aus dem Hochschul-Kompetenzzentrum COALA) sowie „Künstliche Intelligenz (KI) auf Unternehmensrechnern oder in der Cloud“, beispielsweise in Produktion und Wartung. Die Professorin Liane Haak und die Professoren Heinz-Josef Eikerling, Theodor Gervens, Hubert Korte, Dieter Trautz sowie Projektleiter Prof. Clemens Westerkamp können nun ihr Engagement für regionale und überregionale KMU fortsetzen und ihr Team um weitere sechs wissenschaftliche Personalstellen erweitern.


Künstliche Intelligenz auf dem Vormarsch

Hochschul-Projektleiter Westerkamp freut sich über die weitere Finanzierung des Mittelstandszentrums: „So können wir das Thema KI in Kooperation mit vielen Osnabrücker Netzwerken – wie Wirtschaftsförderung, IHK und Fachverbänden – und auch im unmittelbaren Kontakt mit Unternehmen weiter voranbringen“, so der Informatik-Professor von der Fakultät Ingenieurwissenschaften und Informatik.

Als Beispiel nennt sein Kollege Eikerling ein von seinem Team entwickeltes System zur Bewegungsanalyse, das im Industrie- und Agrarbereich zum Einsatz kommen kann. Es überwacht und bewertet Bewegungen des Personals aus Sicht der Arbeitssicherheit und Gesundheitsvorsorge und nutzt dabei KI-Methoden zum Monitoring von Rehabilitationsprozessen. Ergebnisse der Analyse können zur Umgestaltung der Arbeitsplätze oder zur Anpassung der Prozesse genutzt werden.

„Wir am Standort Lingen fokussieren uns in verschiedenen KI-Projekten auf die Verarbeitung von Bild und Sprache“, sagt Liane Haak, Professorin für Wirtschaftsinformatik an der Fakultät Management, Kultur und Technik. Um das Potential von Künstlicher Intelligenz in betrieblichen Bereichen aufzuzeigen, hat ihr Team bereits eine Sprachassistenz, Textklassifizierungen sowie ein Chatbot entwickelt – also ein textbasiertes Dialogsystem, welches das Chatten mit einem technischen System erlaubt.


Digitalisierung im Agrarbereich schreitet voran

Auch im Bereich Agrar ist die Freude über die Projektverlängerung groß. „Seit vielen Jahren erarbeiten wir im Kompetenzzentrum COALA Lösungen für die teilflächenspezifische Bewirtschaftung und Erkennung von Pflanzenmerkmalen mittels Sensordatenfusion“, erzählt Trautz, Professor für Agrarökologie und umweltschonende Landbewirtschaftung: „Jetzt können wir diese Erkenntnisse auch für kleinere Betriebe verfügbar machen.“ Ein weiterer wichtiger Schritt sei für ihn, dass die Hochschule Osnabrück zusammen mit Partnern in zwei anderen Bundesländern nun neue Standorte mit landwirtschaftlicher Kompetenz ins Leben rufen wird. – Denn von den bundesweit 26 Mittelstand 4.0-Kompetenzzentren war bisher nur eines im Bereich „Agrar“ aktiv.

Nikolas Neddermann, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Fakultät Agrarwissenschaften und Landschaftsarchitektur, freut sich, weitere zwei Jahre landwirtschaftliche Betriebe zu unterstützen: „Die Arbeit in der Landwirtschaft wird immer anspruchsvoller. Die Digitalisierung kann dabei helfen, Struktur in den Arbeitsalltag zu bringen“, so der Agrarwissenschaftler und gelernte Landwirt.


Studierende sammeln praktische Erfahrungen in Digitalisierungsprojekten

Auch Studierende beteiligen sich an der Kooperation in Sachen Digitalisierung und sammeln dabei praktische Erfahrungen. Gervens, Professor für Angewandte Informatik und Mathematik, nennt ein Beispiel: „Wir haben in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Institut für Lebensmitteltechnik ein spannendes Projekt umgesetzt: Sechs Informatikstudierende entwickelten ein neuronales Netz, welches verschiedene Brötchensorten unterscheiden kann.“ Das ermögliche einer Brötchen‐Schmiermaschine zu wissen, wie sie die verschiedenen Brötchen zu belegen hat. Diese KI-Anwendung thematisiert beispielhaft die Aufgabe einer Bildklassifikation, wie sie sich vielfach in Industrieunternehmen stellt. Um die KI anzulernen, haben die Studierenden sechs Brötchensorten von zwei Bäckereien genutzt. Von jeder Sorte hat das Team rund 10.000 Bilder aufgenommen – bei gleichmäßiger Beleuchtung, jedoch aus unterschiedlichen Winkeln. Zu Demonstrationszwecken haben die angehenden Informatiker eine mobile Anwendung entwickelt, die einen prototypischen Ablauf des Systems zeigt. Das Ergebnis hat überzeugt: Die Fehlerquote lag unter einem Prozent.


Mit Unterstützungsmaßnahmen 700 Unternehmen erreicht

Ob Informationsveranstaltung, Fachseminar, Workshop oder Einzelgespräch: Die Angebote des verteilten Kompetenzzentrums für KMU haben viele Unternehmen motiviert, sich mit der Digitalisierung, dem eigenen Geschäftsmodell und den Potenzialen der Datenverwertung zu beschäftigen. Allein das Team der Hochschule Osnabrück konnte mit seinen Informations-, Beratungs- und Transferangeboten bereits rund 700 Unternehmen in ihren Digitalisierungsvorhaben unterstützen. Die dokumentierten Erfolge von Unternehmen, die bereits die Angebote des Zentrums genutzt haben, können Interessierte auf der Internetseite www.kompetenzzentrum-lingen.digital herunterladen und sich dort zu kostenlosen Veranstaltungen und Gesprächsterminen anmelden.

 

Weitere Informationen:

Prof. Dr. Clemens Westerkamp
Tel.: 0541 969-3649
mittelstand40@hs-osnabrueck.de

 

Zum Hintergrund: 

Das Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Lingen ist Wegbegleiter für kleine und mittlere Unternehmen und begleitet sie bei der Umsetzung „datengetriebener Arbeits- und Geschäftsmodelle“. Angebote des Kompetenzzentrums, wie persönliche Orientierungsgespräche, Workshops und Fachseminare sowie die Planung und Begleitung konkreter Digitalisierungsvorhaben, können von Unternehmen kostenlos genutzt werden.

Das Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Lingen setzt sich zusammen aus den sechs Konsortialpartnern an vier Standorten: der IT-Dienstleistungsgesellschaft mbH Emsland (kurz: it.emsland), der Hochschule Osnabrück (Standorte Osnabrück und Lingen), dem Fachbereich Seefahrt und Maritime Wissenschaften der Hochschule Emden/Leer, der MARIKO GmbH, dem münsterLAND.digital e. V. dem das European Research Center for Information Systems (ERCIS) an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster.

Das Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Lingen ist Teil der Förderinitiative „Mittelstand 4.0 – Digitale Produktions- und Arbeitsprozesse“, die im Rahmen des Förderschwerpunkts „Mittelstand-Digital – Strategien zur digitalen Transformation der Unternehmensprozesse“ vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) gefördert wird.

Weitere Informationen zur Förderinitiative des BMWi: www.mittelstand-digital.de

 

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