Wie das Emsland von der Energiewende profitieren kann Dienstag, 30. August 2022

Hochschule Osnabrück gibt Empfehlungen für Politik, Verwaltung und Unternehmen.
Die aktuelle Energiekrise macht deutlich, dass der Strukturwandel in der Energiewirtschaft nicht nur ein ökologisches Thema ist, sondern auch ein wirtschaftliches. Der Landkreis Emsland kann als flächenmäßig größter Landkreis Niedersachsens von der Transformation zu einem klimaneutralen Energiesystem profitieren, wenn schon heute dafür eine Strategie erarbeitet und konkretisiert wird. So lautet das Ergebnis einer Studie aus dem Energieprojekt Regio PLUS der Hochschule Osnabrück am Campus Lingen, die jüngst veröffentlicht wurde. Eine besondere Bedeutung kommt dem Ausbau von erneuerbaren Energien, Energieeinsparungen und Effizienzsteigerungen zu.
Produzierende Unternehmen benötigen Versorgungssicherheit und Planbarkeit
„Schon heute ist der Landkreis Emsland im Bereich der Stromerzeugung aus Windenergie führend. Zudem finden sich im Vergleich zu anderen Regionen viele Biogasanlagen im Emsland“, stellt Projektleiter Prof. Dr. Tim Wawer fest. Prof. Dr.-Ing. Anne Schierenbeck, ebenfalls Projektleiterin, ergänzt: „Es ist wichtig, die Zielsetzungen hinsichtlich Effizienzsteigerungen, Energieeinsparungen und für den Ausbau der erneuerbaren Energien zu quantifizieren und ehrgeizige Ziele zu setzen. Denn für produzierende Unternehmen mit einem erheblichen Strom- und Wärmebedarf ist die Versorgungssicherheit und die Planbarkeit der Energieversorgung essentiell.“
Energieszenarien für das Emsland
Um zu beantworten, wie sich die Energieversorgung und der -verbrauch im Landkreis Emsland entwickeln könnten, haben die Projektverantwortlichen entsprechende Energieszenarien für das Emsland modelliert. Die Empfehlungen für den Landkreis beziehen sich auf die Bereiche: Gebäudewärme, Windenergie, Solarstrom, Mobilität und Netze. „Im Bereich Gebäudewärme empfehlen wir, eine Sanierungsoffensive für den Bestand zu starten. Ebenso regen wir an, Bebauungspläne mit ambitionierten Effizienzstandards und erneuerbarer Wärmeversorgung zu entwickeln“, so Schierenbeck. Weitere Maßnahmen könnten eine kreisweite Wärmepumpenkampagne sein, damit die Wärmeversorgung in Alt- und Neubauten auf erneuerbare Energien umgestellt werden kann sowie die schnelle Planung und Umsetzung von Wärmenetzen. Die Themen Fachkräftegewinnung sowie Aus- und Weiterbildung spielen dabei eine wichtige Rolle.
Flächen für Windenergie schaffen
Bei den erneuerbaren Energien befürworten die Projektverantwortlichen, die zusätzliche Ausweisung von Flächen für Windenergie sowie das Vorantreiben von sogenanntem Repowering. Damit soll die Windleistung höchstmöglich gesteigert und die Flächen sollen optimal genutzt werden. Für die Erzeugung von Solarstrom sollte eine PV-Dachkampagne für Privathaushalte, vor allem aber auch Industriehallen gestartet werden. „Wir empfehlen dem Landkreis außerdem – am besten gemeinsam mit Landwirten – eine gemeinsame Strategie zum Thema Agri-PV auszuarbeiten und entsprechende Flächen zur Nutzung auszuweisen“, erklärt Wawer. In dem Bereich von Biogas sei die gemeinsame Aufbereitung von Biogas zu Biomethan zur industriellen Verwendung momentan aussichtsreicher als die Verstromung in BHKWs. Hier könne der Landkreis wichtige Informationsarbeit leisten und die Landwirte bei einer Umstellung unterstützen, indem er die Kooperation zwischen den verschiedenen Biogasanlagenbetreibern fördere.
Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge ausbauen
Auch der Energieverbrauch in dem Bereich Mobilität könne reduziert werden. Wenn beispielsweise auf der einen Seite der öffentliche Nahverkehr verbessert und der Radverkehr gefördert werde und auf der anderen Seite Parkplätze zurückgebaut bzw. das Parken auf öffentlichen Flächen verteuert werde. Ebenso könne dem Carsharing im Emsland eine wesentlich größere Bedeutung zukommen. „Wir empfehlen zudem, die Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge schnellstmöglich auszubauen und bei der Planung von Neubaugebieten eine entsprechende Infrastruktur vorzusehen“, sagt Wawer.
Netzausbau intelligent planen
Der Bereich Netze sei ein weiterer bedeutender Aspekt in der Transformation. „Teile der Erdgasnetze können langfristig für die Nutzung von Wasserstoff umgerüstet werden. Schon heute wird die Infrastruktur für Wasserstoff geplant. Hier sollte der Landkreis eine proaktive und gestaltende Rolle einnehmen. Des Weiteren ist es wichtig, schnellstmöglich Standpunkte für zentrale Elektrolyseure zu identifizieren und diese an ein Wärmenetz anzuschließen“, betont Schierenbeck.
Weißbuch für kleine und mittlere Unternehmen
Das Projektteam der Hochschule hat außerdem ein Weißbuch für kleine und mittlere Unternehmen veröffentlicht. Darin stellt es Methoden und Maßnahmen vor, wie Unternehmen ihre Energieversorgung auf erneuerbare Energien umstellen, sich von den Preisschwankungen an den fossilen Weltmärkten unabhängiger machen und Entscheidungen für eine Klimastrategie für die nächsten Jahrzehnte treffen können.
Von: Pressestelle MKT