Förderung des weiblichen, wissenschaftlichen Nachwuchses: mit dem Tandem-Modell zur FH-Professur Mittwoch, 12. Mai 2021

Mit Entwicklungsprofessuren möchte die Hochschule Osnabrück den weiblichen, wissenschaftlichen Nachwuchs fördern. im Fall von Prof. Dr. Sabine Bornkessel war das Tandem-Modell ein Erfolg.
Seit diesem Frühjahr ist Prof. Dr. Sabine Bornkessel Professorin an der Hochschule Osnabrück. Die Hochschule hofft, dass dank des Förderinstruments der Entwicklungsprofessuren weitere Nachwuchswissenschaftlerinnen ihrem Beispiel folgen.

Nach ihrer Promotion und mehrjähriger Lehrtätigkeit an der Hochschule Osnabrück hätte Sabine Bornkessels Weg 2016 an der Hochschule enden können. Für eine FH-Professur fehlte die notwendige außerhochschulische Praxiserfahrung. Ein von der Hochschule entwickeltes Tandem-Modell war die Lösung. Das Beispiel soll Schule machen.

„Ich habe jetzt die Chance, in meinem Traumberuf tätig zu sein.“ Seit dem 1. März hat Professorin Dr. Sabine Bornkessel die Professur für Lebensmittelverarbeitung und Verpflegung an der Fakultät Agrarwissenschaften und Landschaftsarchitektur der Hochschule Osnabrück inne. Bornkessels Weg ist in vielerlei Hinsicht beispielhaft. Er fußt auf einem von der Hochschule entwickelten Tandem-Modell, um den weiblichen, wissenschaftlichen Nachwuchs zu fördern. Das Modell hat der Wissenschaftlerin ermöglicht, die für eine FH-Professur notwendige außerhochschulische Berufserfahrung bei einem kooperierenden Praxispartner zu sammeln, ohne dem Wissenschaftssystem vollständig den Rücken kehren zu müssen. Die Hochschule hofft, mit ihrer neuen Förderinitiative der „Entwicklungsprofessuren“ weitere Erfolgsgeschichten wie die Bornkessels zu ermöglichen.

Rückblende: Nach dem Ökotrophologie-Studium an der Universität Bonn trat Bornkessel 2010 eine Stelle als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Hochschule Osnabrück an, verbunden mit der Möglichkeit zur Promotion an der niederländischen Universität Wageningen. In Osnabrück war Bornkessel schnell stark in die Lehre eingebunden. Im April 2016 verteidigte sie ihre Dissertation. Konsequent gedacht, hätte Bornkessel die Hochschule nun verlassen müssen, um beruflich voranzukommen. Denn für eine Professur fehlte ihr die Voraussetzung der berufspraktischen Erfahrung. Eine FH-Professur erfordert eine Dreifach-Qualifikation: in Forschung, Lehre und Berufspraxis.
 

„Ein guter Weg, um nicht aus der Wissenschaftswelt aussteigen zu müssen.“

Bornkessel stellt diese Anforderungen nicht infrage, sieht sie sogar als notwendig an. Gleichzeitig sollte die Hochschule weiter eine Rolle in ihren beruflichen Planungen spielen. Die Lösung lag in einem Tandem-Modell. Mit einer halben Qualifizierungsstelle arbeitete Bornkessel ab 2016 an der Hochschule, mit den anderen 50 Prozent als Mitarbeiterin am Deutschen Institut für Lebensmitteltechnik (DIL) in Quakenbrück. Möglich wurde dieses Pilotprojekt zur Förderung des weiblichen, wissenschaftlichen Nachwuchses für Professuren an Fachhochschulen durch Gelder aus dem Professorinnenprogramm II von Bund und Ländern. Die Konzeptionierung der Qualifizierungsstelle hatte das Präsidium mit der Zentralen Gleichstellungsbeauftragten der Hochschule, Bettina Charlotte Belker, entwickelt.

Jetzt, fünf Jahre später, ist Bornkessel am Ziel. Durch ihre außerhochschulische Arbeit im DIL erfüllte sie die Voraussetzungen, um sich auf Professuren an einer FH zu bewerben. An der Hochschule Osnabrück hat es dann geklappt. Würde sie den von ihr beschrittenen Weg weiterempfehlen? „Ja, ich kann das durchaus empfehlen“, sagt sie rückblickend. „Das Tandem-Modell, das jetzt durch die neuen Entwicklungsprofessuren abgebildet wird, ist ein guter Weg, um nicht aus der Wissenschaftswelt aussteigen zu müssen.“

Auch im Blick auf ihre Familiengründung ist Bornkessel vom Modell überzeugt: „Ohne die Rückendeckung durch die gesicherte Stelle an der Hochschule, die als Rückfallebene immer da war, weiß ich nicht, ob ich mich getraut hätte.“ Um den Nachwuchswissenschaftlerinnen diese Entscheidung zu erleichtern, sieht das Konzept nach Möglichkeit Vertragsverlängerungen bei Übernahme von Sorgeverantwortung vor. Zugleich betont Bornkessel, dass der Erfolg des Modells nach ihren Erfahrungen an eine wesentliche Bedingung geknüpft ist: „Für zwei Arbeitgeber tätig zu sein, ist definitiv bereichernd, aber auch ein Spagat. Es ist sehr wichtig, dass die Hochschule und der kooperierende Partner einen engen Austausch pflegen.“
 

Bis zum 31. August auf eine der sieben Entwicklungsprofessuren bewerben

Belker freut Bornkessels Erfolgsgeschichte: „Professorinnen sind in Deutschland noch immer stark unterrepräsentiert. 2019 lag ihr Anteil an Fachhochschulen bundesweit bei 24,4 Prozent, an der Hochschule Osnabrück mit 24 Prozent etwas niedriger.“ Deshalb sei es so wichtig, dass mit den Entwicklungsprofessuren ein neues Förderinstrument geschaffen wurde, um Nachwuchswissenschaftlerinnen gezielt in der Post-Doc-Phase für den Karriereweg Professur an einer FH zu ermutigen und zu qualifizieren. „Aktuell gibt es sieben solcher Stellen an unserer Hochschule, finanziert aus Mitteln des Professorinnenprogramms III. Anträge können bis zum 31. August gestellt werden.“

Auch Prof. Dr. Bernd Lehmann, Vizepräsident für Forschung, Transfer und Nachwuchsförderung, betont die zentrale Bedeutung von Förderinitiativen, um Wissenschaftlerinnen wie Bornkessel zu halten: „Natürlich wollen wir unseren gut ausgebildeten Nachwuchs halten, gerade weil es immer schwieriger wird, hochqualifizierte Köpfe zu gewinnen.“ Innovative Modelle wie die Entwicklungsprofessuren nehmen hier eine wichtige Rolle ein. „Und das Beispiel Sabine Bornkessel zeigt ja wunderbar: Es funktioniert.“


Mehr zu den Hintergründen der Entwicklungsprofessuren und den Antragsmöglichkeiten erfahren Sie unter www.hs-osnabrueck.de/vernetzung/foerdern-und-stiften/entwicklungsprofessur. Mehr zum Professorinnenprogramm erfahren Sie auf den Seiten des Bundesministeriums für Bildung und Forschung: www.bmbf.de/de/das-professorinnenprogramm-236.html

Von: Holger Schleper