New Work: Die Zukunft der Arbeit ist agil Montag, 30. März 2020

Auf reges Interesse stieß die Podiumsdiskussion zum Thema „New Work für das Wissenschaftsmanagement – Handlungsbedarfe und Zukunftsvisionen.“ Es diskutierten mit dem Moderator Prof. Dr. Frank Ziegele (Mitte) und dem Publikum (v.l.): Hochschulberaterin und Coach Dr. Ute Symanski, Leiterin Personalentwicklung und Chancen bei der Max-Planck-Gesellschaft Kerstin Dübner-Gee, Leiterin Personal und Recht des Stifterverbands Anke Fischer-Appelt und der hauptberufliche Vizepräsident für Organisation und Management an der Hochschule Osnabrück Dr. Kai Handel.

Jahrestagung des Netzwerks Wissenschaftsmanagement an der Hochschule Osnabrück thematisiert Personalmanagement und diskutiert Konzepte des New Work

Schlagworte kursieren im Personalmanagement derzeit in hoher Zahl. Es ist die Rede von Agilität, Work-Life-Balance, Arbeit 4.0 oder Design Thinking. Zusammengefasst gerne und oft unter dem Begriff „New Work.“ Dessen Facettenreichtum und viele weitere Themen aus dem Personalmanagement für Hochschulen und Wissenschaftseinrichtungen diskutierten die rund 240 Teilnehmenden der Jahrestagung des Netzwerks Wissenschaftsmanagement zu Beginn des Sommersemesters an der Hochschule Osnabrück.

„In der gelebten Praxis der Hochschulen und Wissenschaftseinrichtungen konzentriert sich Personalentwicklung noch zu oft auf die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Für die großen Herausforderungen, wie Exzellenzinitiative, Hochschulpakt, Pakt für Forschung und Innovation, aber auch Digitalisierung und Internationalisierung brauchen wir aber auch exzellentes Personal im Wissenschaftsmanagement“, betonte Prof. Dr. Hans Vossensteyn, Beauftragter für den MBA-Studiengang Hochschul- und Wissenschaftsmanagement an der Hochschule Osnabrück, zu Beginn der zweitägigen Veranstaltung mit Vorträgen, Workshops, Diskussionsrunden und Podien.

„Ich bin froh, dass unsere Tagung an der Hochschule Osnabrück stattfindet, Osnabrück ist einer der bekanntesten Standorte und Vorreiter im Wissenschaftsmanagement“, lobte Matthias Winker, Administrativer Vorstand vom Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam (AIP) und Vorstand des Netzwerks Wissenschaftsmanagement.

Welche Rolle das Konzept des New Work spielt, insbesondere an Hochschulen und Universitäten, dazu äußerte sich der Wissenschaftsmanager der Hochschule Osnabrück, Prof. Dr. Frank Ziegele, im Interview:

Hochschule: Prof. Dr. Frank Ziegele, was genau ist New Work?

Prof. Dr. Frank Ziegele: Eine ganz klare Definition gibt es nicht, manchmal wird New Work auch nur als „Buzzword“ verwendet. Das Etikett wird auf alle Arten von Konzepten geklebt, wie Menschen in Zukunft arbeiten sollen und wie ihre Arbeitsplätze zu gestalten sind. Schaut man hinter die Kulissen des Begriffs, findet man einige gemeinsame Merkmale von New Work-Ansätzen: Es geht um sinnstiftende Arbeit, die von Eigenverantwortung und Selbständigkeit geprägt wird, die Mitarbeitende als Menschen mit all ihren beruflichen und privaten wie familiären Facetten begreift und die von Wertschätzung zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitenden geprägt ist. Nicht zu vergessen ist, dass New Work eng mit der Nutzung digitaler Arbeitsmethoden verbunden ist und auf eine räumliche und zeitliche Flexibilität der Arbeit abzielt. Agile Projektstrukturen gehören ebenso zu den Ideen, die mit New Work verbunden sind.

Welche Anforderungen stellt New Work an Führungskräfte und Arbeitnehmer?

Zuvorderst Flexibilität und Eigenverantwortung. Nicht zu vergessen die hohen Anforderungen an die Kommunikationsfähigkeit bei allen Beteiligten sowie den Umgang mit digitalen Medien.

Wie verändert New Work die Arbeitswelt an Hochschulen?

Einige Aspekte von New Work sind ja den Hochschulen keineswegs fremd. So haben wir vor allem bei der Frage der sinnstiftenden Arbeit natürlich einen Riesenvorteil. Eigenverantwortung ist für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowieso die wichtigste Arbeitsgrundlage, und auch in die Hochschulverwaltungen hält sie durch modernes Hochschulmanagement zunehmend Einzug. Partizipation beim Treffen von Entscheidungen ist für Hochschulen kein Fremdwort. Strukturen in der Forschung waren schon immer projektförmig und agil, auch in der Verwaltung spielen Projekte und zeitlich begrenzte, flexible Strukturen eine immer größere Rolle. Und wenn die Hochschule Osnabrück sich „Mindful Leadership“ auf die Fahnen geschrieben hat, dann geht das genau in die Richtung, die New Work an die Stelle von Hierarchien setzt.

Können Sie Beispiele nennen, wo die Hochschulen im Kontext von New Work noch vor großen Veränderungen stehen?

Ja, da fallen mir zwei Dinge ein: Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler müssen optimale Konzepte der digitalen Zusammenarbeit finden. Wann soll ich reisen, wann reicht eine Videokonferenz mit den ausländischen Partnern? Wir müssen hier nicht nur noch mehr in Hardware investieren, sondern auch in die Abläufe für gute Zusammenarbeit. Hier verbindet sich New Work auch mit der gesellschaftlichen Verantwortung für den Klimaschutz. In der Hochschulverwaltung müssen wir zu flexiblen Homeoffice-Regelungen kommen, Arbeitszeit und Arbeitsort müssen flexibler werden. Wenn für eine bestimmte Tätigkeit zuhause der beste Platz ist, dann sollte selbstverständlich diese Option gewählt werden können, ohne sich dafür rechtfertigen zu müssen. Wenn man sein Kind von 14 bis 16 Uhr zur Musikschule begleiten will, dann muss es möglich sein, dafür die zwei Stunden am Abend zu arbeiten. Wobei eine solche Flexibilität wiederum Bezüge zur Personalentwicklung hat: Weiterbildung im Zeitmanagement wird sicherlich bedeutsamer.

Und das andere Beispiel?

Das Einzelbüro an der Hochschule ist nicht für jede Tätigkeit der beste Platz: Warum nicht ein Dreier- oder Viererteam zusammensetzen und dafür Platz schaffen für ein flexibel nutzbares, besonders ruhiges Büro, einen zusätzlichen Besprechungsraum, einen Raum für Telefon- und Videokonferenzen und so weiter. Zu einem konsistenten Konzept der Vertrauensarbeitszeit ist es in vielen Hochschulverwaltungen noch ein langer Weg. Schließlich muss man ja auch die angestrebte Flexibilität mit den Arbeitsgesetzen in Einklang bringen – beim Gesetzgeber ist leider der New Work-Ansatz noch nicht so recht angekommen.

Welche Rollen spielen dabei Vertrauen und ein anderes Führungsverständnis?

Wie gesagt, Vertrauensarbeitszeit ist für New Work unerlässlich. Führungskräfte müssen den Geführten zutrauen, dass sie Arbeitszeit und -ort selbst gestalten können. Es entfällt die Möglichkeit, Arbeitsergebnisse anhand der eingesetzten Zeit zu bewerten, was ja eigentlich ohnehin ein sinnloses Konzept ist. Vorgesetzte müssen ergebnis- und leistungsorientiert denken und handeln, es zählt was bei der Arbeit hinten rauskommt, nicht wo, wann und wie die Arbeitsleistung erbracht wurde. Vertrauen muss man sich schrittweise erarbeiten, und fatal ist es, wenn das Vertrauen von Mitarbeitenden missbraucht wird. Das müssten Vorgesetzte dann klar sanktionieren, um das Vertrauensmodell aufrechterhalten zu können.

Und was wird künftig von Führungskräften erwartet?

Klar ist auch: für eine neue Interpretation von Hierarchie reicht es nicht, wenn die Führungskraft die Krawatte ablegt. Führung bedeutet, dass man Selbständigkeit und Eigenverantwortung einfordert und wertschätzend kommuniziert. Nicht zu vergessen familienorientierte Führung: Sich für die Lebensumstände der Mitarbeitenden interessieren und mit ihnen nach guten Lösungen der Balance von Arbeit und Privatleben suchen. Führungskräfte sollten darin auch selbst Vorbild sein. Manchmal braucht man auch ganz einfache Spielregeln für den Umgang mit Flexibilität: Bei mir gilt zum Beispiel die Regel, dass meine Mitarbeitenden Mails, die der Chef am Wochenende schickt, erst in der neuen Arbeitswoche beantworten.

Weitere Informationen:

Prof. Dr. Frank Ziegele
Hochschul- und Wissenschaftsmanagement
Telefon: 0541 969-3743
E-Mail: f.ziegele@hs-osnabrueck.de

Von: Isabelle Diekmann

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