Duales Studium im Familienbetrieb – Alumna Anna Brüggemann Freitag, 10. September 2021

Anna Brüggemann studierte von 2012 bis 2016 dual den Bachelor Management betrieblicher Systeme mit der Studienrichtung Betriebswirtschaft. Wie sie heute auf ihr Studium zurückblickt und welche Besonderheiten ein Studium im Familienbetrieb mit sich bringt, berichtet sie in diesem Beitrag.

Der duale Studiengang Management betrieblicher Systeme (MBS), mit seinen beiden Studienrichtungen Betriebswirtschaft (B.A.) und Wirtschaftsingenieurwesen (B.Eng.), richtet sich an Studieninteressierte mit einer ersten Berufsausbildung, die ihre bisherigen Praxiserfahrungen durch ein theoretisches aber gleichzeitig anwendungsorientiertes Studium ergänzen möchten. Er eignet sich nicht nur für die Personalentwicklung zur Fach- und Führungskraft oder technischen Expert*innen, sondern auch zur Vorbereitung auf die Unternehmensnachfolge, wie Brüggemann zeigt. Brüggemann absolvierte die Praxisphasen in ihrem Familienbetrieb Brüggemann Logistik GmbH in Lingen und ist inzwischen in der Geschäftsführung tätig.

Warum haben Sie sich damals für ein duales, berufsintegrierendes Studium entschieden?

Brüggemann: Ich habe meine Ausbildung zur Kauffrau für Speditions- und Logistikdienstleistungen nicht in unserem Familienbetrieb absolviert, aber in einem vergleichbaren Unternehmen. Danach bin ich im Dezember 2011 in unser Unternehmen eingestiegen. Da habe ich gemerkt, dass mir die Ausbildung noch nicht ausreicht und ich mich noch weiterbilden möchte. Durch eine Bekannte bin ich dann auf das IDS gestoßen. Für mich waren die Präsenztage Freitag und Samstag, die das berufsintegrierende Studium bietet, sehr interessant, weil ich dann quasi ganz normal meine 40 Stunden arbeiten konnte und das Studium noch zusätzlich gemacht habe.

Stand für Sie damals zur Debatte, das duale Studium außerhalb des Familienbetriebs zu absolvieren?

Brüggemann: Nein, die Überlegung gab es gar nicht. Das ist einfach Familienhistorie. Ich bin das jüngste Kind und mein Vater war schon über das Rentenalter hinaus, deswegen musste die Nachfolge relativ schnell erfolgen. Dass ich ein anderes Unternehmen kenngelernt habe, war mir sehr wichtig. Das hatte ich durch die Ausbildung abgeschlossen und dann war der Weg in den Familienbetrieb für mich klar. Ich musste auch während des Studiums die Erfahrungen in unserem Unternehmen sammeln, weil ich das Unternehmen direkt danach übernommen habe.

Wie war es, Ihr duales Studium im Familienbetrieb zu absolvieren?

Brüggemann: Es war gut und herausfordernd. Im Austausch mit meinen Kommiliton*innen habe ich festgestellt, dass die größeren Unternehmen die Studierenden mehr unterstützen konnten, als es bei mir der Fall war. Gleichzeitig hatte ich bei uns nicht nur einzelne Projekte, wie viele der anderen Studierenden, sondern meine festen Aufgaben. Das war auch oft stressig. Aber ich sag immer: `Wenn man das geschafft hat, schafft man auch vieles andere.

Was waren die größten Herausforderungen und Vorteile des dualen Studiums?

Brüggemann: Der größte Vorteil ist, dass man weiterhin Vollzeit arbeiten und sein eigenes Geld verdienen kann. Für mich war ganz wichtig, dass ich meinen Lebensunterhalt weiterhin alleine bestreiten konnte, weil ich das auch schon so gewöhnt war. Das `Selbstständig Bleiben´ war für mich ein wichtiger Aspekt. Eine Herausforderung war definitiv, 40 Stunden in der Firma zu arbeiten plus 20 Stunden Vorlesung und die Zeit, die man zur Vor- und Nachbereitung benötigt. Das IDS empfiehlt daher üblicherweise, die reguläre Arbeitszeit zu reduzieren. Im Familienunternehmen blieb allerdings nicht aus, dass ich mehr arbeitete. Ein gutes Zeitmanagement ist dann vor allem in den Klausurenphasen sehr wichtig gewesen. Ein herausforderndes Thema waren für mich die Praxistransferprojekte (PTPs), die man im Anschluss schreiben musste, wenn man am Anfang nicht so fleißig war. Ich kann auch nicht empfehlen, Klausuren zu schieben - sonst wird es im nächsten Semester noch anstrengender.

Sie haben die PTPs schon angesprochen. Wie bewerten Sie diese rückblickend?

Brüggemann: Die PTPs würde ich von „so lala“ bis sehr gut bewerten. Im Studium haben mich die PTPs aber einige Nerven gekostet, denn manchmal war es gar nicht so einfach, das richtige Thema zu finden und ich musste mich auch erst daran gewöhnen, dass es dazu gehört, das PTP ganz selbständig zu schreiben. Aber als ich wusste, wie das PTP-Schreiben geht, hat es mir viel gebracht - vor allem wenn ich sie modulübergreifend schreiben konnte. Dann hatten sie zwar einen größeren Umfang, aber man konnte dadurch verschiedene Aspekte mit einbringen. In den Fällen würde ich sie als sehr sinnvoll bewerten. Dann haben sie auch einen großen Beitrag zum Theorie-Praxis-Transfer geleistet.

Welche Module haben Ihnen damals am besten gefallen? In welchen Situationen Ihres Studiums konnten Sie die Theorie besonders gut mit der Praxis verbinden?

Brüggemann: Eins meiner Lieblingsmodule war Cross-Culture-Management, weil das so vielseitig war und ich viel mitnehmen konnte. Außerdem hat mich Herr Seifert unabhängig von konkreten Modulen wirklich mit seinem Charakter und seiner Art, wie er Wissen in der Logistik vermittelt hat, begeistert.

Eine Situation, in der ich die Theorie besonders gut mit der Praxis verbinden konnte, war als Herr Häring etwas über Kommunikation erklärt hat. Ich bin nach meinem Studium schnell in der Geschäftsführung tätig gewesen. Dabei ist die größte Herausforderung oft der Personalbereich, wie ich am Anfang feststellen musste, vor allem da ich als Tochter in das Unternehmen kam. Das, was Herr Häring uns über den Umgang mit dem Personal erklärt hat und wie er uns die Funktion von Kommunikation gelehrt hat, hat mir dabei sehr geholfen. Wir mussten z. B. in verschiedene rhetorische Rollen schlüpfen und mit einem*r Partner*in bestimmte Situationen durchspielen. Die Kommiliton*innen haben die Paare dann bewertet. Das hat mir echt viel gebracht. Wenn man in der Geschäftsführung anfängt, muss man erst überlegen, wie man nach außen wirken und wie man führen möchte. Bei diesen Gedanken konnte ich sehr gut auf das Studium zurückgreifen.

Manchmal gibt es Module, deren Bedeutung man erst im Nachhinein zu schätzen weiß. Welches Modul würden Sie gerne nochmal hören?

Brüggemann: Da gibt es einige Module, die ich gerne nochmal hören würde. Ich würde vor allem gerne nochmal die betriebswirtschaftlichen Module hören und dann vertiefter auf das Thema Unternehmensführung und auch Finanzierung eingehen.

Spüren Sie das duale Studium noch? Inwieweit können Sie das erlernte Wissen in Ihrem heutigen Job noch nutzen?

Brüggemann: Definitiv. Nehmen wir z. B. eine Bilanzbesprechung: Da kenne ich die Begriffe und weiß ungefähr, was das alles bedeutet und wo ich die einordnen muss. Vor allem zu Beginn meines Jobs habe ich mir immer wieder meine Unterlagen geschnappt und mir die Inhalte nochmal durchgelesen. Im Prinzip muss ich es heute nicht mehr wissen, weil das Mitarbeitende erarbeiten, gleichzeitig ist es trotzdem schön, wenn ich das auch selbst verstehe. Da ist eindeutig viel Wissen aus dem Studium hängen geblieben. Manchmal würde ich auch gerne wieder zur Vorlesung gehen, um noch mehr Input zu bekommen und Aha-Momente zu erleben. Das war schon immer cool, Input und Job gleichzeitig zu haben. Durch diese Kombination ist mir vieles klar geworden, weil ich die Theorie und Praxis besser und schneller miteinander verbinden konnte. Bei dem ersten Lagebericht, den ich schreiben musste, hat mir sogar ein ehemaliger Dozent geholfen, obwohl ich mit meinem Studium schon fertig war, weil ich gar nicht wusste, wie ich den schreiben soll.

Wie sieht Ihr Arbeitsalltag aus?

Brüggemann: Mein Arbeitsalltag ist ziemlich breit gefächert. Wir haben natürlich, wie alle, oft auch einen Personalmangel. Deswegen versuche ich immer, wenn es irgendwo brennt, da zu sein und bei der Arbeit zu unterstützen. Allerdings muss ich auch sehen, dass ich den Überblick behalte, die ganzen Führungsangelegenheiten schaffe und Entscheidungen treffe. Ich versuche immer, eine gute Mischung zu haben. Ich finde es z. B. gut, wenn ich alle Systeme hier kenne und gut bedienen kann. Ich bin der Meinung, dass man das nur kann, wenn man ein bisschen damit gearbeitet hat. Urlaubsvertretungen bieten da immer eine gute Möglichkeit, die Programme zu erlernen oder aufzufrischen. Zu meinen Aufgaben gehört Personal-, Investitions- und Liquiditätsplanung und Problemabwicklung. Auch Ausschreibungen oder Auftragsvergaben fallen in meinen Aufgabenbereich. Wir machen auch viel für Behörden. Da gibt es dann immer wieder Gremien, an denen man teilnehmen muss. Nutzfahrzeugeinkauf und -verkauf fällt auch noch in meinen Bereich. Es ist also sehr vielseitig.

Hat sich der Arbeitsalltag im Vergleich zu der Studienzeit verändert?

Brüggemann: Ich hatte das Glück, dass mein Vater sehr locker ist und er mir auch schon im Studium viele Freiheiten gegeben hat. Natürlich habe ich damals noch nicht so viele Entscheidungen getroffen, wie jetzt und ich musste mich noch nicht so beweisen. Früher hat er die Sachen unterschrieben, die ich ausgearbeitet habe und heute muss ich alles unterschreiben, auch wenn er mir manchmal noch hilft.

Welchen Mehrwert hat Ihnen das berufsintegrierende Konzept geboten?

Brüggemann: Ich habe es in meinem Beruf mit ganz gemischten Personengruppen zu tun. Das Studium hat mir ermöglicht, ein gutes Gefühl für die Perspektive der Menschen zu erhalten und sich dem Gegenüber anzupassen. Natürlich wurde mir auch das entsprechende Hintergrundwissen vermittelt, das ich in solchen Situationen benötige. Ein Mehrwert war, wie schon mehrfach angesprochen, diese besonders tiefe Vernetzung von Praxis und Theorie, die ich durch das berufsintegrierende Konzept hatte.

Würden Sie sich nochmal für ein duales Studium entscheiden?

Brüggemann: Wenn ich den Mehrwert angucke, würde ich mich auf jeden Fall immer wieder für das duale Studium entscheiden. Wenn ich mir mein Privatleben zwischendurch angeguckt habe, vielleicht nicht immer, aber ich habe auch meine Stunden nicht reduziert. Das war auch unter anderem der Grund, warum ich mich gegen den Master entschieden habe. Ich kam an meine Grenzen, aber das ist auch nicht schlecht, die mal kennenzulernen. Man wächst während des Studiums auf jeden Fall.

Welchen Tipp möchten Sie Interessierten und /oder dual Studierenden mit auf den Weg geben, um das Studium gut zu meistern?

Brüggemann: Ich würde den Tipp geben, von Anfang an am Ball zu bleiben. Schreibt regelmäßig PTPs und schiebt keine Klausuren. Es überrollt euch sonst. Nutzt auch die Zeit während der Vorlesungen. Ihr könnt dort viel besser lernen, als nur den Stoff allein Zuhause durchzuarbeiten.

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