Als Powerfrau im stereotypen Männerberuf Freitag, 8. März 2024

Anna Brinkel ist 23 Jahre jung und arbeitet seit Beginn ihres dualen Bachelorstudiums bei der Firma REKERS GmbH Maschinen- und Anlagenbau. Studium und Unternehmen haben sie überzeugt, so dass sie sich nach zwei Jahren Vollzeitbeschäftigung bei REKERS GmbH für ein duales Masterstudium in Technologieanalyse, -engineering und -management mit dem Schwerpunkt Wirtschaftsingenieurwesen (M. Eng.) entschied. Heute studiert und arbeitet sie in einem Job, der ihr Spaß macht und kümmert sich ganz nebenbei um die 30 Pferde auf dem Hof ihrer Mutter. Außerdem reitet sie selbst drei eigene Pferde und ist mit ihnen im Turniersport unterwegs. Wie sie das alles schafft und was sie täglich antreibt, hat sie uns im Interview erzählt.

Du hast nach deinem Bachelorabschluss zwei Jahre Vollzeit gearbeitet und dich dann entschieden, wieder zu studieren. Hast du die Hochschule vermisst oder was hat dich dazu bewogen?

Eigentlich wollte ich direkt nach dem Bachelor mit dem Master beginnen. Als ich 2021 meinen Bachelor gemacht habe, war die Corona-Pandemie in vollem Gang und ich habe für mich gemerkt, dass ich nicht gerne von zu Hause aus studiere und den ganzen Tag auf Bildschirme starre. Studieren bedeutet für mich auch den Kontakt zu Kommiliton*innen und den fachlichen und nicht-fachlichen Austausch untereinander zu haben. Und im Master gibt es kleine Gruppen – bei mir sind es gerade mal 11 Leute. So ein Masterstudium lebt vom Austausch untereinander und beim Online-Studium entsteht dann schon eine Distanz zwischen allen. Auch wenn es meinem Studium und meinen Noten nicht geschadet hätte, habe ich mich entschieden, erst einmal weiter zu arbeiten und als sich die Situation beruhigt hatte, habe ich mich direkt beworben und bin wieder an die Hochschule gegangen.

Wie kombinierst du derzeit die wirtschaftliche und technische Sichtweise deines Studiums mit deinen Erfahrungen im Beruf? Gibt es Widersprüche, Überschneidungen oder ergänzt sich beides besonders gut?

Da ich Technologieanalyse, -engineering und -management mit dem Schwerpunkt Wirtschaftsingenieurwesen (M. Eng.) studiere, kann ich zwischen Modulen aus den beiden Fachrichtungen mit wirtschaftlichen und technischen Inhalten wählen. In einem Semester belege ich also ein ingenieurwissenschaftliches und ein wirtschaftswissenschaftliches Modul, die ich frei wählen kann. In der Praxisphase schreibe ich dann die RTS und dabei habe ich den Vorteil, dass ich bei REKERS sowohl die wirtschaftsbezogenen als auch die technischen Themen bearbeiten und auch die Schnittstellen zwischen beiden betrachten kann. In der Projektierung, in der ich bei REKERS tätig bin, habe ich den Markt, die Kundenwünsche, aber auch technische Innovationen im Blick. Bei diesen Aufgaben muss ich sowohl kaufmännische als auch technische Bereiche miteinander verknüpfen und kann so auch die Brücke zwischen Theorie und Praxis schlagen und immer wieder Vergleiche zum jeweils anderen Bereich ziehen und daraus lernen.

Wieso ist die Firma REKERS GmbH als Praxispartner und Arbeitgeber besonders gut geeignet?

REKERS ist ein mittelständisches Familienunternehmen mit dem Sitz in Spelle und beschäftigt derzeit 180 Mitarbeiter*innen, davon ca. 20 Auszubildende. Daran sieht man schon, dass das Unternehmen sehr an jungen Nachwuchskräften interessiert ist und das merkt man auch im täglichen Geschäft. Außerdem sind bei der REKERS GmbH alle Fachbereiche unter einem Dach vereint, so dass man in alle Bereiche reinzuschnuppern kann und immer projektbezogen arbeitet. So sieht man bei uns, wie ein Produkt von der Idee und dem ersten Angebot bis zur Auftragserteilung, der Produktion und Inbetriebnahme vor Ort beim Kunden wächst. Das ist ein toller Prozess, den man beobachten kann und bei dem man am Ende sieht, wofür man gearbeitet hat.

Du hast als junge Frau mit 18 Jahren in der Produktion angefangen und bist damit in einen stereotypen Männerberuf eingestiegen. Was rätst du anderen Frauen, die sich für diese Bereiche interessieren, aber von Vorurteilen eingeschüchtert sind?

Da sage ich ganz klar: GO FOR IT! Macht es einfach! Man muss seine Selbstzweifel beiseiteschieben und mit seinem Ehrgeiz da reingehen und sich beweisen. Am Anfang war ich die einzige Frau in der Produktion mit 70 anderen Männern. Das ist zunächst einschüchternd und komisch. Und die ersten Wochen sind vielleicht nicht einfach, aber das sind sie für niemanden. Jede*r lernt erst einmal. Aber wenn man sich die Zeit nimmt und nicht gleich aufgibt, dann merken die Männer auch ganz schnell, dass man in vielen Dingen pfiffiger ist und dass Arbeit und Geschlecht eigentlich nichts miteinander zu tun haben.

Oft herrscht das Vorurteil, dass man als dual Studierender keine Freizeit hat. Tatsächlich hast du sogar eine sehr intensive Freizeitprogramm, dem du jeden Tag nachgehst. Wie sieht dein Alltag neben dem Studium und Arbeit aus?

Meine Mama hat einen landwirtschaftlichen Betrieb, der schon eine lange Familientradition hat. Meine Großeltern haben den Hof damals von einem klassischen landwirtschaftlichen Betrieb in einen Pferdebetrieb umgewandelt und meine Mama führt das jetzt weiter und ist auch selbstständig mit einem Ausbildungs- und Pensionsbetrieb. Derzeit haben wir 30 Pferde auf dem Hof, die natürlich täglich versorgt werden müssen, das heißt, sie müssen gefüttert werden, sie müssen mit frischem Stroh versorgt werden, sie müssen auf die Weide und wieder zurück in den Stall gebracht werden. Ich habe selbst drei Sportpferde, mit denen ich im Dressur- und Springreiten unterwegs bin. Ich trage viel Verantwortung für die Tiere und muss daher jeden Tag nach der Arbeit in den Stall, um meine Tiere zu pflegen und zu trainieren. Wenn man bedenkt, dass ich jeden Tag bis 16:00 oder 17:00 Uhr arbeite und pro Pferd etwa zwei Stunden brauche, kann man sich vorstellen, wie mein Tag aussieht und wie viel Zeit ich täglich im Stall verbringe. Es ist anstrengend, aber es steckt eine große Leidenschaft dahinter, ohne die das alles nicht möglich wäre. Ich muss zwar sagen, dass mir das Lernen sehr leicht fällt und ich nicht viele Stunden brauche, um die Inhalte zu verstehen, aber trotzdem ist es absolut möglich, neben dem dualen Studium noch Freizeit zu haben und diese auch zu genießen.