Angewandte Musiktheorie und Gehörbildung Klassik II

Fakultät

Institut für Musik

Version

Version 13.0 vom 09.04.2021

Modulkennung

66B6602

Modulname (englisch)

Applied Music Theory and Aural Training Classical Music II

Studiengänge mit diesem Modul

Musikerziehung - Klassik (B.A.)

Niveaustufe

2

Kurzbeschreibung

Gehörbildung:Die Fähigkeit zum differenzierten Hören ist eine zentrale Voraussetzung für die Ausübung des Musiker*innenberufs. Dies gilt sowohl für das eigene Spiel und das Zusammenspiel mit anderen Musiker*innen als auch für die musikpädagogische Tätigkeit. In der Gehörbildung werden die beim musikalischen Hören ablaufenden Prozesse bewusst gemacht und weiterentwickelt. Musikalische Wahrnehmung und innere Klangvorstellung werden trainiert und mithilfe spezieller Techniken verbessert. Analytische Hörfähigkeiten (differenzierte Vorstellung und kompetentes Hören musikalischer Detailstrukturen) werden dabei ebenso geübt wie das synthetisierende Hörvermögen (Erfassen musikalischer Zusammenhänge). Auf das eigene Musizieren und die spätere Unterrichtstätigkeit wirkt sich die Gehörbildung positiv aus, indem sie die hörende Selbstkontrolle fördert, die Fähigkeit der inneren Vorstellung entwickelt und zum Verstehen musikalischer Strukturen beiträgt.

Musiktheorie: In diesem Modul wird den Studierenden ein Verständnis dafür vermittelt, wie Musik unterschiedlicher Stilrichtungen gemacht ist und wie sich in ihr bestimmte ästhetische Leitvorstellungen konkretisieren. Detaillierte musikanalytische Beobachtungen sowie der praktisch-kreative Umgang mit Satztechniken, die für bestimmte Stile repräsentativ sind - beispielsweise der Choralsatz für die differenzierte Dur-Moll-Harmonik des Spätbarock, der Menuett-Satz für das Formdenken und die geringstimmige Schreibart des galanten Stils -, schulen das Unterscheidungsvermögen zwischen verschiedenen Genres und damit die Fähigkeit, differenziert über Musik zu urteilen.

Lehrinhalte
  • Gehörbildung:
  • 1. Blattsingen/Rhythmus prima vista:
    1.1 Vom-Blatt-Singen
    1.1.1 diatonischer Melodien mit Chromatik und Modulation mit und/oder ohne Klavierbegleitung
    1.1.2 modaler Melodien und nicht-diatonischer Melodien (Kirchentonarten, Ganztonskala, Pentatonik)
    1.1.3 freitonaler und atonaler Melodien
    1.2 Rhythmus prima vista in verschiedenen Metren und Taktarten (mit antimetrischen Figuren und Taktwechseln)
  • 2. Gehörbildung
  • 2.1. Rhythmusdiktate, Fehlererkennung und Gedächtnisaufgaben
    2.1.1 mit antimetrischen Figuren (Duole, Triole, Quartole über mehrere Metrumschläge, auch unterteilt) in verschiedenen Metren (Achtel-, Viertel- und Halbemetrum) und Taktarten
    2.1.2 mit Taktwechseln
    2.1.3 mit antimetrischen Figuren und Taktwechseln
    2.2 Melodiediktate, Gedächtnisaufgaben, Fehlererkennung, Sequenzier- und Transponieraufgaben
    2.2.1 erweitert diatonische Melodik
    2.2.2 modale Melodik
    2.2.3 nicht-diatonische Melodik (Ganztonleiter, Pentatonik)
    2.2.4 freitonale und atonale Melodik
    2.3 Polyphones Hören
    2.3.1 Hörübungen zum intervallischen Hören (weite Lage, simultan)
    2.3.2 Hörübungen zum Bass- und Mittelstimmen-Hören
    2.3.3 Übungen zum Wiedererkennen musikalischer Strukturen (Motive, Themen, kontrapunktisches Material etc.)
    2.3.4 Lückentexte, Fehlerbeispiele und Diktate polyphoner Werkausschnitte
    2.4 Hör-, Sing- und Schreibübungen zu Einzelbausteinen (Intervalle, Umkehrung der „Nebenseptakkorde“, Akkorde mit 9/11/13, nicht- terzengeschichtete Klänge: Quartenakkorde, Clusteraufbau ...)
    2.5 Hören, Benennen, Notieren harmonischer Verläufe. Hörbeispiele mit
    2.5.1.Satzmodellen
    2.5.2 Modulationen
    2.5.3 Mediantik
    2.5.4 realen Sequenzen
    2.5.5 tonal nicht gebundenen Akkordfolgen

    Musiktheorie:
  • 1. Grundelemente dur-moll-tonaler Musik
    1.1 Wiederholung/Anknüpfung an den Lehrstoff des ersten Jahres
    1.2 Weitere Satztechnische Modelle (Kadenzen, Sequenzen, Skalenmodelle)
    1.3 (Weitere) Modulationen
    1.4 Praktische Darstellung verschiedener Modelle am Instrument
  • 2. Erstellen verschiedener Stilkopien (homophon/polyphon, Vokalsatz/Instrumentalsatz)
    2.1 Satztechnische Aufgaben, z. B. Aussetzung von Generalbass-Bezifferung, Ergänzung einer Melodiestimme zu einem gegebenen Generalbass
    2.2 Lied- und Choralharmonisierung
    2.3 Fortsetzung des gegebenen Anfangs eines Instrumentalstücks
  • 3. Analyse komplexerer Notentexte (Klavier- und Kammermusik, Chor- und Orchesterwerke)
Lernergebnisse / Kompetenzziele

Wissensverbreiterung
Die Studierenden, die dieses Modul erfolgreich absolviert haben, kennen wesentliche Spezifika von grundlegenden Stilbereichen der westlich geprägten Kunstmusik zwischen 1550 und der Gegenwart. Sie sind mit den wichtigsten Systemen der Musiktheorie und insbesondere mit den Deutungsmöglichkeiten harmonischer und syntaktischer Phänomene vertraut.
Wissensvertiefung
Die Studierenden, die dieses Modul erfolgreich studiert haben, kennen unterschiedliche Hörweisen und Hörstrategien. Sie haben ein vielfältiges Repertoire an Hörmethoden erworben und können diese in der künstlerischen und pädagogischen Praxis anwenden.
Sie sind befähigt, sich in bislang noch nicht vertraute Stilbereiche einzuarbeiten, indem sie sich in werkanalytisch ausgerichteter Fachliteratur informieren und aus eigenen Analysen Einsichten über kompositorische Konzepte beziehen.
Können - instrumentale Kompetenz
Die Studierenden, die dieses Modul erfolgreich absolviert haben, haben eine Vielfalt von Techniken des musikalischen Hörens kennengelernt und vermögen diese zu reflektieren und praktisch anzuwenden. Sie verfügen über eine differenzierte innere Klangvorstellung und haben ihr Vorstellungsvermögen beim Lesen von Notentexten vertieft;; sie können Notentexte schnell lesend erfassen sowie fehlerfrei ausführen. Sie sind in der Lage, ihr praktisches Musizieren auditiv zu steuern und können nach Gehör spielen bzw. singen. Sie können Rhythmen, Melodien und harmonische Verläufe memorieren, fehlerfrei reproduzieren (nachsingen, - spielen, - klopfen) und nach Diktat aufschreiben. Sie können mehrstimmige Musikbeispiele polyphoner und homophoner Art hörend erfassen und nach Diktat schreiben. Sie erkennen Spielfehler ihrer Schüler/innen und können fehlerhafte Notentexte korrigieren. Die Studierenden können Tonsätze primär im Sinne von Stilkopien (beispielsweise Aussetzen von Generalbassziffern, Ergänzung einer Melodiestimme zu gegebenem Bass, Lied- und Choralharmonisierungen) erstellen, wobei sie ein Wissen über die jeweiligen satztechnischen Normen ebenso anwenden wie ihre innere Klangvorstellung. Sie sind imstande, Analysen klassischer und romantischer Werke zu erarbeiten und dabei insbesondere harmonische, kontrapunktische sowie syntaktische Gesichtspunkte zu berücksichtigen.
Können - kommunikative Kompetenz
Die Studierenden, die dieses Modul erfolgreich studiert haben, können ihren Schüler*innen einen auditiven Zugang zur Musik vermitteln. Sie kennen Methoden, die das auditiv gesteuerte Instrumentalspiel ihrer Schüler*innen fördert. Die Studierenden sind imstande, selbst geschriebene Tonsätze kritisch zu reflektieren und zu kommentieren. Sie sind sensibilisiert für kompositorische Denkprozesse und können die in einem Stück gelösten Aufgaben, Probleme erkennen und benennen.
Können - systemische Kompetenz
Die Studierenden, die dieses Modul erfolgreich studiert haben, können Musik von Tonträgern heraushören und Partituren nach Gehör erstellen. Die Studierenden können Fachtermini auf musikalische Phänomene anwenden. Sie sind in der Lage, mit unterschiedlichen Systemen der Musiktheorie kritisch und vergleichend umzugehen und auf dieser Grundlage Musik angemessen zu beschreiben, zu bewerten, zu vergleichen und zu deuten.

Lehr-/Lernmethoden

Seminar/Übung, Gruppenarbeit, Hausarbeiten. Fehler- und Lückentexte, Diktate, Nachspiel- und Transponieraufgaben, Blattsingen, Prima-Vista-Aufgaben, Aufgaben zum musikalischen Gedächtnis, Hör-CDs etc.

Empfohlene Vorkenntnisse

Bestandenes Modul „Angewandte Musiktheorie und Gehörbildung 1. Jahr“ bzw. entspechend anerkannte Studienvorleistungen.

Modulpromotor

Brockmann, Irmgard

Lehrende
  • Brockmann, Irmgard
  • Quandel, Stephan
  • Meßtorff, Jan
  • Lückemeier, Bettina
Leistungspunkte

10

Lehr-/Lernkonzept
Workload Dozentengebunden
Std. WorkloadLehrtyp
108Seminare
Workload Dozentenungebunden
Std. WorkloadLehrtyp
90Veranstaltungsvor-/-nachbereitung
70Prüfungsvorbereitung
30Tutorien
Literatur
  • Gehörbildung:
  • 1. Leigh, J. Orlando, Ein multimediales Gehörbildungsprogramm. Band 1: Gregorianischer Gesang, Bicinium, Renaissance-Tanz, Kantionalsatz, Dresden 2013; Band 2: Triosonate, Konzert, Choral, Sinfonie, Dresden 2009.
  • 2. Boettger, A., taataa! Rhythmus lesen und hören, Lehrbuch zur rhythmischen Gehörbildung mit 444 Übungen, Carus Verlag 2012.
  • 3. Köhler, D., Gehörbildung für Absoluthörer. Musikpsychologische Grundlagen und Lehrkonzept, Frankfurt/M. u.a.: Lang, 2001 (zugl. Diss. Universität München).
  • 4. Enders, B., Weyde, T. "CKM" - Computerkolleg Musik (CD-ROM-Ausgabe), Mainz 1999.
  • 5. Kaiser, U., Satzlehre - Improvisation - Höranalyse. Ein Lehrgang mit historischen Beispielen, Bd. 1 u. 2, Kassel 1998.
  • 6. Geller, D., Praktische Intonationslehre für Instrumentalisten und Sänger (Buch/CD), Kassel u.a. 1997.
  • 7. Schauss Chr. u. Werner, H.U., audite! Gehörbildung und Musikdiktat am PC (Software), 1996.
  • 8. Kühn, C., Gehörbildung im Selbststudium, München und Kassel: dtv/Bärenreiter, 1983.
  • 9. Quistorp, M., Übungen zur Gehörbildung, Heft 2, Wiesbaden 1974.
  • 10. Mackamul, R., Lehrbuch der Gehörbildung, Bd.2, Kassel 1969.
  • 11. Edlund, L., Modus vetus, Sight Singing and Ear-Training in Major/Minor Tonality, Stockholm 1966, Frankfurt a.M. 1974.
  • 12. Edlund, L., Modus novus, Lehrbuch in freitonaler Melodielesung, Stockholm 1963.
  • 13. van der Horst, F. Maat en Ritme, Teil I und II, Amsterdam, 1963.
  • 14. Jersild, J., Lehrbuch der Gehörbildung. Melodik, Kopenhagen: Wilhelm-Hansen-Edition, 1960.
  • 15. Jersild, J., Lehrbuch der Gehörbildung. Rhythmik, Kopenhagen: Wilhelm-Hansen-Edition, 1956.
  • 16. Egmond, M. Van t'blad, zingen I + II, Amsterdam: Broekmans en van Poppel, o.J.

    Musiktheorie:
  • 1. Dietrich Bartel, Handbuch der musikalischen Figurenlehre, 4. Auflage, Laaber 2004.
  • 2. Thomas Daniel, Der Choralsatz bei Bach und seinen Zeitgenossen. Eine historische Satzlehre, Köln-Rheinkassel 2000.
  • 3. Thomas Daniel, Kontrapunkt. Eine Satzlehre zur Vokalpolyphonie des 16. Jahrhunderts, Köln-Rheinkassel 1997.
  • 4. Thomas Daniel, Zweistimmiger Kontrapunkt. Ein Lehrgang in 30 Lektionen. Köln-Rheinkassel 2002.
  • 5. Wilhelm Fischer, Zur Entwicklungsgeschichte des Wiener klassischen Stils, in: Studien zur Musikwissenschaft 3 (1915), S. 24–84.
  • 6. Ulrich Kaiser u. Karsten Gerlitz, Arrangieren und Instrumentieren. Barock bis Pop. Kassel 2005.
  • 7. Claus Ganter, Harmonielehre – ein Irrtum? Literaturbeispiele zur dur-moll-tonalen Harmonik, I. Teil: Das Tonmaterial; II.Teil: Diatonik, Basel 1983.
  • 8. Zsolt Gárdonyi u. Hubert Nordhoff, Harmonik, Wolfenbüttel 2002.
  • 9. Zsolt Gárdonyi, Kontrapunkt. Überarbeitete Neuauflage, Wolfenbüttel 1991.
  • 10. Matthias Hermann, Materialien zur Musiktheorie, Hefte 2-4, Stuttgart 2001-2002.
  • 11. Wolfgang Hufschmidt, Willst zu meinen Liedern deine Leier drehn? Zur Semantik der musikalischen Sprache in Schuberts Winterreise und Eislers Hollywood-Liederbuch, Saarbrücken 1993.
  • 12. Knud Jeppesen, Kontrapunkt. Lehrbuch der klassischen Vokalpolyphonie, Leipzig 1935.
  • 13. Ulrich Kaiser, Der vierstimmige Satz. Kantionalsatz und Chorsatz, Kassel 2002 (= Bärenreiter Studienbücher Musik 12).
  • 14. Clemens Kühn, Analyse lernen, Kassel 1993 (= Bärenreiter Studienbücher Musik 4).
  • 15. Clemens Kühn, Formenlehre der Musik, München 1987.
  • 16. Clemens Kühn, Kompositionsgeschichte in kommentierten Beispielen, Kassel 1998.
  • 17. Hubert Moßburger, Ästhetische Harmonielehre. Quellen - Analysen - Aufgaben, Wilhelmshaven 2012.
  • 18. Diether de la Motte, Harmonielehre, Kassel 1976.
  • 19. Diether de la Motte, Kontrapunkt. Ein Lese- und Arbeitsbuch, Kassel 1981.
  • 20. Diether de la Motte, Musikalische Analyse. Textteil, Notenteil, Kassel 1968.
  • 21. Joseph Müller-Blattau (Hrsg.), Die Kompositionslehre Heinrich Schützens in der Fassung seines Schülers Christoph Bernhard, 3. Auflage, Kassel 1963.
  • 22. Walter Salmen/Norbert Schneider (Hrsg.), Der musikalische Satz. Ein Handbuch zum Lernen und Lehren, Innsbruck 1987.
  • 23. Arnold Schönberg, Fundamentals of Musical Composition, London 1970.
  • 24. Arnold Schönberg, Harmonielehre, Wien 1922, Reprint Wien 1997.
  • 25. Erich Wolf, Die musikalische Ausbildung, Bd. 2: Harmonielehre, Wiesbaden: Breitkopf & Härtel, 1977.
  • 26. Christoph Wünsch, Satztechniken im 20. Jahrhundert, Kassel 2009 (= Bärenreiter Studienbücher Musik 16).
Prüfungsleistung
  • Klausur 3-stündig und mündliche Prüfung
  • Klausur 1-stündig und mündliche Prüfung
Bemerkung zur Prüfungsform

Siehe Prüfungsinhalte im Anhang der Studienordnung "Musikerziehung B.A. 2020/21" sowie weitere Erläuterungen im BTPO und ATPO.

Prüfungsanforderungen

Musiktheorie: K3: Analyse eines klassischen oder romantischen Werk(ausschnitt)es unter Berücksichtigung harmonischer, satztechnischer und syntaktischer Aspekte. Satzaufgabe: Erstellen eines Satzes (Stilkopie) aus dem Bereich der tonalen Musik. M: ad hoc Analyse, Spielen von Kadenz-, Sequenz- und Satzmodellen am Instrument sowie Zusatzfragen zum Lehrstoff.

Gehörbildung:K1: Ein- bis vierstimmige Diktate mit unterschiedlichen Schwerpunkten auf Rhythmik, Melodik, Polyphonie und Harmonik (Diktate auch von Tonträger möglich). M: Aufgaben zum intervallischen und harmonischen Hören, Fehlerhören, Blattsingen und Rhythmus prima vista.

Dauer

2 Semester

Angebotsfrequenz

Wintersemester und Sommersemester

Lehrsprache

Deutsch