Einführung in die Neurowissenschaften

Fakultät

Wirtschafts- und Sozialwissenschaften

Version

Version 5.0 vom 10.05.2021

Modulkennung

22B1328

Modulname (englisch)

Introduction in neuroscience

Studiengänge mit diesem Modul
  • Ergotherapie, Logopädie, Physiotherapie (B.Sc.)
  • International Physiotherapy (B.Sc.)
Niveaustufe

1

Kurzbeschreibung

Dieses Modul dient der Verbreiterung und Vertiefung von Kenntnissen zu (neuromotorischen) Lernprozessen sowie Reorganisationsprozessen und der Anwendung dieser Kenntnisse auf Rehabilitationsprozesse bei erworbenen neurologischen Erkrankungen oder auf Entwicklungsprozesse. Entsprechend sollen Kenntnisse und Fertigkeiten in Bezug auf den Einsatz spezifischer Assessmentverfahren und Messinstrumente erworben werden. Als besonders häufiges Symptom findet Schmerz in seiner neurostrukturellen Abbildung und seinen Konsequenzen für diverse Funktionen Beachtung.

Lehrinhalte
  • LE 1 Theoretische Grundlagen:Block 1 Funktions- und Lernprozesse neuromotorischer Systeme
  • Neuroanatomie des peripheren und zentralen Nervensystems
  • Die Funktion des Gehirns beim motorischen Lernen
  • Sensorische und motorische Prozesse und deren Einfluss auf das Gehirn
  • Lernprozesse und Kontrolle neuromotorischer Systeme
  • Optimale Feedbackkontrolle
  • Neuromotorische Entscheidungen, Timing und Strategien

    Block 2 Basismodelle neuromotorischen Lernens
  • Neuromotorische Theorien wie z.B. Engramm, Schema, Ökologische, Mental Practice, Aufmerksamkeit und externer Fokus
  • Fallstudien: Lumbale Instabilität, ADHD, Morbus Parkinson, orofaziale Dystonie/Dysfunktionen, neurogene sprechmotorische Störungen, Störungen des Schluckens, Ess- und Fütterstörungen

    Block 3 Reorganisationsmechanismen („brain repair“) des Gehirns bei erworbenen Sprachstörungen (Aphasien)
  • Phasen (Akutphase, Postakutphase, Chronische Phase) und Formen der Reorganisation (Spontanremission, strukturelle/ neuronale Reorganisation, funktionelle Reorganisation)
  • Effekte der Reorganisation (Diaschisis, Hochregulierung der rechten Hemisphäre, Re-Shift)
  • Die Rolle der nicht-sprachdominanten Hemisphäre

    LE 2 Anwendung von Assessments und Messinstrumenten:Block 1 Neuromotorische Testverfahren
  • (neuro)motorischer Fragenbogen
  • Physische Testverfahren werden vertieft, praktisch erprobt und diskutiert:
  • Kraftmessverfahren I + II
  • Dreidimensionale Bewegungsanalyse
  • EMG-Messungen
  • MSU (Muskuloskeletaler Ultraschall)
  • Dynamometrie
  • Algometrie
  • Überprüfung orofazialer sensorischer und motorischer Funktionen
  • Überprüfung sprechmotorischer Funktionen
  • Inspektion der Artikulationsorgane

    Block 2 Neuromotorische Assessments in Fallstudien
  • Praktische Anwendungen von Assessments nach Wahl bezogen auf einen Patientenfall

    Block 3 Bildgebende Verfahren und Neuromodulation
  • Möglichkeiten der Darstellung von Sprachfunktionen mit funktionellen Verfahren (PET, SPECT, fMRT)
  • Überprüfung von Therapieeffekten mit Hilfe bildgebender Verfahren: Erkenntnisse aus aktuellen Studien
  • Möglichkeiten der Neuromodulation mittels repetitiver transkranieller Magnetstimulation (rTMS) zur Unterstützung von Effekten in der Aphasietherapie

    LE 3 Schmerz, Gehirnfunktion und Einfluss auf die motorische Kontrolle:Block 1 Einfluss von Schmerz auf Motorfunktionen
  • Die Neuromatrix und Schmerzen (Der Einfluss von Schmerzen auf die Neuromatrix)
  • Spiegelneuronen während des Schmerzes
  • Schmerzen und Konsequenzen für das Gehirn: Lateralisationsverlust und Neglect
  • Kontextfaktoren, Schmerz und motorische Kontrolle

    Block 2 Assessment und Rehabilitation
  • Erkennen von Veränderung der Lateralisation während des Schmerzes
  • Mental gesteuertes Training (mental training)
  • Visualisierung und Kinästhesie
  • Graded Motor Imagery
Lernergebnisse / Kompetenzziele

Wissensverbreiterung
Die Studierenden, die dieses Modul erfolgreich studiert haben, …
- verfügen über Grundkenntnisse der Anatomie des peripheren und zentralen Nervensystems, basis-sensomotorischer Funktionskreise und sich daraus ergebender Folgen für die motorische Kontrolle bei körperlichen Pathologien und Dysfunktionen.
- kennen Einflüsse und Kontextfaktoren auf Motorfunktionen und ihre zugrunde liegenden neurophysiologischen Mechanismen.
- erlangen Grundkenntnisse über zugrunde liegende Modelle und Theorien.
- kennen und verstehen verschiedene Prinzipien und Konzepte des neuromotorischen Lernens in der physiotherapeutischen, ergotherapeutischen und logopädischen Rehabilitation.
- kennen und verstehen die unterschiedlichen Mechanismen des Gehirns, die nach akuten neurologischen Erkrankungen zu Funktionsverlust und -erholung von Sprache führen können.
- verfügen über neue Kenntnisse bezüglich aktueller neuromotorischer Testverfahren sowie Bildgebungsverfahren auf kognitiver, affektiver und physischer Ebene.
- verfügen über breite Kenntnisse des pathobiologischen Hintergrunds von Schmerzmechanismen und deren Einfluss auf neuromotorische Funktionskreise.
- verstehen die Veränderungen in der Neuromatrix und die morphologischen Veränderungen des Gehirns und kennen die Folgen für das Motorsystem.

Wissensvertiefung
Die Studierenden, die dieses Modul erfolgreich studiert haben, …
- vertiefen ihr Wissen über neuroanatomische und neurophysiologische Strukturen des peripheren und zentralen Nervensystems und seiner Funktionen im Kontext motorischer Rehabilitation.
- interpretieren die aktuelle Evidenzlage zu motorischen Dysfunktionen und motorischen Lernstrategien kritisch und übertragen diese auf aktuelle klinische neuromuskuloskeletale Erkrankungen wie z.B. chronic low back pain, Hemiplegie/ Hemiparese, Multiple Sklerose, orofaziale Dysfunktionen und neurogene sprechmotorische Störungen.
- sind vertraut mit den Rehabilitationsmethoden neuromotorischer Systeme und reflektieren und interpretieren diese Methoden kritisch vor dem Hintergrund des individuellen Problems des Patienten und der Evidenzlage.
- können die unterschiedlichen Phasen der Reorganisation und die Prozesse der Reorganisation auf die Therapiephasen der logopädischen Behandlung erworbener Sprachstörungen übertragen und daraus spezifische Vorgehensweisen ableiten.
- kennen die Gütekriterien der Assessments/ Messinstrumente und sind vertraut mit der Basisanwendung.
- kennen Funktionsweisen und Anwendungsbereiche der unterschiedlichen Methoden der Neurobildgebung.
- vertiefen ihr Wissen über neuropathologische und funktionelle Anpassungen des Gehirns auf Schmerzen.
- sind in der Lage, den Einfluss von Schmerzen auf motorische Kontrolle zu interpretieren und zu reflektieren und können anhand internationaler Richtlinien zur Klassifikation von Schmerzen die allgemeinen Konsequenzen einschätzen, welche sich dadurch für motorische Rehabilitationsprozesse ergeben.
Können - instrumentale Kompetenz
Die Studierenden, die dieses Modul erfolgreich studiert haben, …
- verfügen sowohl über manuelle als auch kognitive Fähigkeiten, um die Prinzipien neuromotorischer Lernprozesse in der Rehabilitation in der täglichen Praxis am individuellen Patienten in ihnen bekannten als auch neuen Situationen anzuwenden.
- verfügen über manuelle Fähigkeiten, die Prinzipien der Assessments/ Messinstrumente in der täglichen Praxis auf einfachem Niveau selbstständig am Probanden oder Patienten auszuführen.
- verfügen über manuelle als auch kognitive Fähigkeiten, um Schmerz und von motorischen Lernprozessen und Rehabilitation in der täglichen Praxis am individuellen Patienten in ihnen bekannten als auch neuen Situationen anzuwenden.
Können - kommunikative Kompetenz
Die Studierenden, die dieses Modul erfolgreich studiert haben, …
- verfügen über kommunikative Fähigkeiten, um die Prinzipen neuromotorischer Lernprozesse in der Rehabilitation ihren Patienten in der täglichen Praxis auf einfachem Niveau als auch Fachvertretern auf wissenschaftlichem Niveau verständlich zu vermitteln.
- können dieses in Bezug auf Reorganisationsmechanismen nach akuten Hirnschädigungen und deren Schlussfolgerungen für die logopädische Behandlung umsetzen.
- verfügen über kommunikative Fähigkeiten, die Prinzipien dieser Assessments/Messinstrumente in der täglichen Praxis selbstständig Probanden oder Patienten zu erklären. Ebenso können sie dieses auf die Vermittlung von Funktionsweisen und Anwendungsbereiche der bildgebenden Verfahren anwenden.
- verfügen über kommunikative Fähigkeiten, um sowohl ihren Patienten als auch FachkollegInnen die Mechanismen von Schmerzen sowie deren Konsequenzen für motorische Lernprozesse und die Rehabilitation in der täglichen Praxis zu erklären.
Können - systemische Kompetenz
Die Studierenden, die dieses Modul erfolgreich studiert haben, …
- integrieren ihr Wissen über basis-neuromotorische Rehabilitationsprinzipien und Einflussfaktoren in aktuellen Therapiesituationen.
- berücksichtigen dabei die aktuelle Evidenzlage, individuelle Vorstellungen und Voraussetzungen des Patienten sowie eigene Erfahrungen.
- initiieren eigene Projekte in der therapeutischen Praxis, um zu neuen Erkenntnissen in der Motorrehabilitation zu gelangen.
- integrieren ihr Wissen über neuronale und funktionelle Reorganisationsmechanismen in die phasenspezifische Planung und Durchführung von Aphasie-Therapie.
- berücksichtigen dabei aktuelle Forschungsergebnisse sowie die aktuelle Evidenzlage zu Therapieansätzen besonders im Bereich der Aktivierungsphase bei Aphasien.
- integrieren ihr Wissen über neuromotorische Assessments/ Messinstrumente systematisch während des (retrospektiven) Assessment oder prospektiv am spezifischen Patientenfall oder als Basis für ein Forschungsprojekt. Sie integrieren aktuelle Erkenntnisse aus Studien mit bildgebenden Verfahren oder Neuromodulation in das evidenzbasierte Arbeiten.
- integrieren ihr Wissen über Schmerz und den Einfluss auf motorische Lernprozesse in ihre Therapiesituationen. Sie erkennen klassische klinische Muster des Einflusses von Schmerz auf die motorische Kontrolle und kennen die aktuelle Evidenz über Rehabilitationsstrategien.

Lehr-/Lernmethoden

Vorlesungen, Gruppenarbeit, praktische Arbeit

Empfohlene Vorkenntnisse

Grundlagen aus Anatomie, Physiologie und Pathologie aus der Berufsfachschulausbildung

Modulpromotor

von Piekartz, Harry

Lehrende
  • Möller, Dirk
  • von Piekartz, Harry
Leistungspunkte

5

Lehr-/Lernkonzept
Workload Dozentengebunden
Std. WorkloadLehrtyp
60Vorlesungen
Workload Dozentenungebunden
Std. WorkloadLehrtyp
90Veranstaltungsvor-/-nachbereitung
Literatur
  • LE 1:
  • Schwartz J, Jessell T (1995): Neurowissenschaften - Eine Einführung, Spektrum, Heidelberg.
  • Laube W (Hrsg.) (2009): Sensomotorisches System - Physiologisches Detailwissen für Physiotherapeuten. Thieme-Verlag.
  • Birkelbauer J (2006): Modelle der Motorik. Meyer und Meyer Verlag, Aachen.
  • Frommelt P, Grötzbach H (Hrsg.) (1999): Neurorehabilitation. Blackwell, Oxford.
  • Butler D, Moseley L (2009): Schmerz Verstehen. Springer-Verlag.
  • Froböse I, Nellessen-Martens G, Wilke C (2009): Training in der Therapie. Grundlagen und Praxis. 3. Auflage. Elsevier, Urban & Fischer-Verlag.
  • Hollmann W, Strüder HK (2009): Sportmedizin: Grundlagen für körperliche Aktivität, Training und Präventivmedizin, 5. Auflage. Schattauer-Verlag.
  • Wittler M (2009): Rückbildungsprozesse in der Akut- und Postakutphase von Aphasien. Forum Logopädie 6(23): 12-18.
  • Nobis-Bosch R, Rubi-Fessen I, Biniek R, Springer L (2013): Diagnostik und Therapie der akuten Aphasie. Thieme, Stuttgart.
  • Henningsen H, Ende-Henningsen B (1999): Neurobiologische Grundlagen der Plastizität des Nervensystems. In: Frommelt P, Grötzbach H (Hrsg.): NeuroRehabilitation. Blackwell, Berlin, 29-40.
  • Saur D (2010): Bildgebung der Aphasien. Nervenarzt 81: 1429-1437.
  • Davis P, Rehabilitation. The Use of Theories and Models in Practice, 2006 Elsevier,2006.
  • Lundy-Ekman L, Neuroscience: Fundamentals for Rehabilitation,4th Edition, Elsevier 2012.

    LE 2:
  • Schwartz J, Jessell T (1995): Neurowissenschaften - Eine Einführung, Spektrum, Heidelberg.
  • Laube W (Hrsg.) (2009): Sensomotorisches System - Physiologisches Detailwissen für Physiotherapeuten. Thieme-Verlag.
  • Birkelbauer J (2006): Modelle der Motorik. Meyer und Meyer Verlag, Aachen.
  • Frommelt P, Grötzbach H (Hrsg.) (1999): Neurorehabilitation. Blackwell, Oxford.
  • Butler D, Moseley L (2009): Schmerz Verstehen. Springer-Verlag.
  • Froböse I, Nellessen-Martens G, Wilke C (2009): Training in der Therapie. Grundlagen und Praxis. 3. Auflage. Elsevier, Urban & Fischer-Verlag.
  • Hollmann W, Strüder HK (2009): Sportmedizin: Grundlagen für körperliche Aktivität, Training und Präventivmedizin, 5. Auflage. Schattauer-Verlag.
  • Fridriksson J, Hubbard HI, Hudspeth SG, Holland AL, Bonilha L, Fromm D, Rorden C (2012) Speech entrainment enables patients with Broca’s aphasia to produce fluent speech. Brain 135 (12): 3815-3829.
  • Meinzer M, Djundja D, Barthel G, Elbert T, Rockstroh B (2005) Long-Term Stability of Improved Language Functions in Chronic Aphasia After Constraint-Induced Aphasia Therapy. Stroke, 36: 1462-1466.
  • Schlaug G, Marchina S, Norton A (2009) Evidence for plasticity in white-matter tracts of patients with chronic Broca’s aphasia undergoing intense intonation-based speech therapy. Annals of the New York Academy of Sciences 1169: 385-394.
  • Rubi-Fessen I, Hartmann A, Rommel T (2012): Repetitive transkranielle Magnetstimulation (rTMS) bei (postakuter) Aphasie. Aphasie und verwandte Gebiete 3/2012, 5-27.

    LE 3:
  • Schwartz J, Jessell T (1995): Neurowissenschaften - Eine Einführung, Spektrum, Heidelberg.
  • Laube W (Hrsg.) (2009): Sensomotorisches System - Physiologisches Detailwissen für Physiotherapeuten. Thieme-Verlag
  • Birkelbauer J (2006): Modelle der Motorik. Meyer und Meyer Verlag, Aachen.
  • Frommelt P, Grötzbach H (Hrsg.) (1999): Neurorehabilitation. Blackwell, Oxford.
  • Butler D, Moseley L (2009): Schmerz Verstehen. Springer-Verlag.
  • Froböse I, Nellessen-Martens G, Wilke C (2009): Training in der Therapie. Grundlagen und Praxis. 3. Auflage. Elsevier, Urban & Fischer-Verlag.
  • Hollmann W, Strüder HK (2009): Sportmedizin: Grundlagen für körperliche Aktivität, Training und Präventivmedizin, 5. Auflage. Schattauer-Verlag.
  • Butler D, Moseley L,The Graded Motor Imagery Handbook, NOI group 2013
Prüfungsleistung
  • Klausur 2-stündig
  • Referat
  • Portfolio Prüfung
Bemerkung zur Prüfungsform

Die Portfolio Prüfung umfasst insgesamt 100 Punkte und setzt sich aus zwei Klausuren (jeweils 60 Minuten) und einer Präsentation zusammen. Die Klausur in Le1 (60 Minuten) wird mit 50 Punkten (50 Prozent) gewichtet. Die Klausur in Le2b (60 Minuten) wird mit 50 Punkten (50 Prozent) gewichtet. Die Präsentation in Le2a wird mit 50 Punk-ten (50 Prozent) gewichtet. Die Endnote setzt sich aus den Ergebnissen entweder von Le1 und Le2a oder Le1 und Le2b zusammen.

Dauer

1 Semester

Angebotsfrequenz

Wintersemester und Sommersemester

Lehrsprache

Deutsch