Reflexionsorientierte Transferstudie
Prüfungsformen des Theorie-Praxis-Transfers
Intensive Verknüpfung der Perspektiven
Ein duales Studium steht und fällt mit der Intensität des Theorie-Praxis-Transfers. In den dualen Masterstudiengängen am Campus Lingen hat die Vernetzung theoretischer Lehrinhalte mit den berufspraktischen Erfahrungen der Studierenden daher oberste Priorität. Aus diesem Grund wird in nahezu jedem Modul eine Reflexionsorientierte Transferstudie (RTS) als Prüfungsleistung erstellt, in deren Zuge die Studierenden ihr berufliches Arbeitsfeld im Sinne einer anwendungsorientierten Forschung reflektieren. Ziel ist es, konkrete Ansätze für dessen Gestaltung auf wissenschaftlicher Basis zu erarbeiten und die Studieninhalte mit arbeitsrelevanten Themen in Verbindung zu setzen, um durch deren intensive Betrachtung und Verknüpfung Lerneffekte für beide Bereiche zu ermöglichen. Die Praxiserfahrungen der Studierenden können zudem genutzt werden, um bestehende Theorien und Konzepte weiterzuentwickeln.
Die RTSn umfassen etwa fünfzehn bis zwanzig Seiten und werden von den Studierenden während ihrer achtwöchigen Praxisphasen verfasst. Im Anschluss daran erfolgt eine Präsentation der Inhalte, Methoden und Resultate innerhalb der Studiengruppe, um eine gemeinsame kritische Reflexion zu ermöglichen. Die Fallstudie wurde sehr bewusst als Prüfungsform gewählt: Einerseits sprechen unsere Masterstudiengänge mit berufstätigen Personen eine Zielgruppe an, die bereits ein Hochschulstudium erfolgreich absolviert hat und nun eine Führungs- und Expertenlaufbahn einschlagen bzw. ihre Position als eine solche Kraft stärken möchte. Hier besteht in der Regel ein hohes Interesse an einer intensiven Auseinandersetzung mit betrieblichen Themen und dem anschließenden Reflexionsprozess in der Studiengruppe. Andererseits profitieren auch die Kooperationsunternehmen in hohem Maße von den Ergebnissen einer Fallstudie, die konkrete berufspraktische Fragestellung behandelt.
Themendimensionen
Im Gegensatz zu den Bachelorstudierenden, betreuen die Masterstudierenden zumeist bereits wesentlich verantwortungsvollere Aufgaben und Projekte. Die positiven wie negativen Konsequenzen solcher Tätigkeiten besitzen für das Unternehmen eine höhere Tragweite, während die Arbeit nicht mehr im geschützten Umfeld eines Ausbildungsverhältnisses erfolgt. Dies hat auch Auswirkungen auf die Komplexität und Tiefe der in den RTSn behandelten Themen. Die Anforderungen der Studierenden an ihre Weiterbildung sind in der Regel nicht damit befriedigt, eine einseitige und recht enge Umsetzung einzelner Themen zu verfolgen. Sie wollen komplexe Zusammenhänge erschließen und weitreichendere Aufgaben wie den Aufbau einer neuen Abteilung, die Einführung innovativer Technologien oder das Management von Veränderungsprozessen analysieren. Im Zuge des Masterstudiums und vor allem während der Bearbeitung der RTSn trainieren die Studierenden daher eine für solche Aufgaben und Projekte notwendige strukturierte und überlegte Herangehensweise, mit deren Hilfe sie zunächst die Teilstrukturen und schlussendlich auch den Gesamtkontext systematisch analysieren können.
Oftmals verfolgen die Masterstudierenden mit ihren Vorgesetzten abgestimmte Karriereziele, die durch das Studium erreicht werden sollen. Da die Bearbeitung komplexer Themen zumeist die Beachtung verschiedener Perspektiven verlangt, kommt es nicht selten zu einer Themenplanung vor Beginn des Studiums. Hierbei zergliedern die Studierenden gemeinsam mit ihren Unternehmen und der Studienbetreuung das Projekt in einzelne Aufgabenpakte, die dann nacheinander in den RTSn verschiedener Module bearbeitet werden können. So kann beispielsweise die Entwicklung eines nachhaltigen Geschäftsmodells Stück für Stück begleitet werden, angefangen von der Konzeption über eine Marktanalyse bis hin zur Investitions- und Finanzplanung. Die Unternehmen werden bei der Themenabsprache direkt involviert, wodurch sie betriebsrelevante Inhalte einbringen und überprüfen lassen können. Sie profitieren somit in hohem Maße von der Rückkopplung der RTS-Ergebnisse, da beispielsweise Handlungsempfehlungen oder die Möglichkeit für weiterführende Fallstudien aufgezeigt werden.
Reflexion
Neben der eigentlichen Erstellung der RTSn und der damit einhergehenden intensiven Analyse eines betrieblichen Sachverhaltes ist vor allem die anschließende Reflexion mit den Lehrenden sowie den Kommiliton*innen besonders wertvoll für die Kompetenzentwicklung der Studierenden. Die geschützte Atmosphäre in der Hochschule ermöglicht offene Diskussionen, während gerade der Kontakt zu Vertreter*innen anderer Unternehmen in diesem Zusammenhang einen besonderen Vorteil des dualen Masterstudiums darstellt. Die Studierenden können sich hierdurch von etablierten Regeln und Routinen lösen und auf Basis der neuen Perspektiven eine parallele Organisationsentwicklung anstoßen. Zudem unterziehen sie ihre Ansätze und Ergebnisse einer Vorabprüfung, bevor sie deren endgültige Präsentation in ihren Kooperationsunternehmen durchführen.
In den Grundlagenmodulen diskutieren dabei Studierende verschiedener Fachrichtungen gemeinsam über die einzelnen Themen, bringen ihre jeweilige Expertise ein und können neue Perspektiven aufzeigen. Dies bereichert vor allem die Fähigkeit der Studierenden, Themen interdisziplinär zu betrachten und voranzubringen, die auch im Berufsleben beim Umgang mit anderen Abteilungen von hohem Wert ist. So sind gerade komplexe Vorhaben wie die bereits aufgeführten Beispiele in hohem Maße von einer Zusammenarbeit mehrerer Fachdisziplinen abhängig, sodass hier die besondere Qualität des Masterstudiums ersichtlich wird. In den Schwerpunktmodulen entsteht derweil eine Fachdiskussion zwischen Expert*innen derselben Profession, der eine weniger breite, aber dafür fachlich tiefere Reflexion der RTS-Themen ermöglicht. In beiden Fällen lernen die Studierenden, worauf bei der Beurteilung und Reflektion von Vorschlägen zu achten ist, wodurch sie sich im Rahmen des Studiums ein eigenes Beratungsnetzwerk aufbauen, das auch darüber hinaus fortbestehen kann. Durch die unterschiedlichen Hintergründe, Erfahrungen und Altersstufen der Mitglieder kann zudem ein interessanter und vielseitiger Austausch erfolgen.