IfM | Ringvorlesung: Educating Artist Mittwoch, 7. Dezember 2022, 13:30 Uhr

Im englischen Sprachraum sind sogenannte „Musical Theater Studies“ seit Jahrzehnten fest im Universitätsbetrieb verankert und werden auffallend interdisziplinär betrieben: Neben Musik- und Theaterwissenschaft beschäftigen sich Feminist Studies, Gender Studies, Postkolonialismusstudien, Literaturwissenschaftler*innen, Ökolog*innen, die Rassismusforschung etc. mit dem Musical. Dabei stehen immer wieder Fragen zu Sexualität und Geschlecht im Fokus.

Gleichzeitig kommen am Broadway in New York und am Londoner West End immer mehr neue Stücke heraus, die schwule, lesbische, bi und trans Charaktere ins Zentrum der Handlung rücken bzw. nicht-binäre und queere Figuren. Einige dieser Stücke werden Welterfolge (Kinky Boots, Billy Elliot, Wicked), die meisten kommen aber nie auf deutsche oder österreichische Bühnen. Und deutschsprachige Forschung bzw. Publikationen zu den Entwicklungen im queeren Musicalbereich gab es bislang auch nicht.

Wieso ignoriert die deutschsprachige Musicalszene den Tsunami an LGBT-Stücken, der das musikalische Unterhaltungstheater in den USA und in Großbritannien überrollt hat? Gibt es in Deutschland oder Österreich keine LGBT-Musicalfans? Sind die entsprechenden Stücke nur für ein LGBT-Publikum relevant und ist dieses Publikum bei uns nicht vorhanden? Wie beeinflussen Streamingdienste wie Netflix, Disney+ und Amazon Prime die Lage, wenn sie Musicals wie The Prom, Everybody’s Talking About Jamie oder Trevor an Stage Entertainment und Stadt-/Staatstheatern vorbei einem hiesigen Publikum zugänglich machen, von YouTube und Social Media ganz zu schweigen?

Diese Fragen diskutiert der Publizist und Dozent Dr. Kevin Clarke, der im Oktober 2022 mit einer Handvoll Autor*innen das Buch Breaking Free: Die wunderbare Welt des LGBTQ-Musicals herausgegeben hat und diesen Themenkomplex auch immer wieder in seinem Musicalgeschichtskurs am IfM anspricht. Im Dialog mit Sascha Wienhausen beschreibt er die aktuelle Lage, die Widerstände in Gesellschaft und im Kulturbetrieb, die Reaktionen der Studierenden, und er erklärt, wie jeder selbst etwas beitragen kann, um die Situation zu verändern – mit Wikipedia-Einträgen, eigenen weiterführenden Publikationen und Aufführungen usw.

Die Veranstaltung ist öffentlich und kostenlos. Eine Anmeldung ist nicht notwendig.