Markt, Macht und Management im Krankenhaus Dienstag, 12. Dezember 2017

Über Markt, Macht und Management im Krankenhaus tauschten sich die Referierenden, Organisatorinnen und Organisatoren mit den Teilnehmenden der 32. BIG-Jahresfachtagung in der Hochschule Osnabrück aus. V.l.: Werner Lullmann, Birgit Strauch-Hellermann, Jochen Metzner, Prof. Dr. Markus Lüngen, Prof. Dr. Winfried Zapp, Eberhard Temme, Marion Böer, Prof. Dr. Hendrike Berger, Prof. Dr. Julia Oswald und Prof. Dr. Sabine Eggers.

32. Jahresfachtagung des Studiengangs Betriebswirtschaft im Gesundheitswesen

(Osnabrück, 12. Dezember 2017) Der Krankenhausmarkt in Deutschland bewegt sich zwischen Regulierung und Wettbewerb mit der möglichen Konsequenz der Zusammenlegung und Konzentration von Krankenhäusern beziehungsweise Abteilungen. Welche Entwicklungen sich hier bereits vollzogen haben und welchen zukünftigen Herausforderungen sich das Krankenhausmanagement stellen muss, diskutierten auf der 32. Jahresfachtagung der Betriebswirte im Gesundheitswesen rund 150 Teilnehmende. Dazu eingeladen hatte die Beauftragte des Studiengangs Professorin Dr. Julia Oswald.

Gesundheitsökonom Prof. Dr. Markus Lüngen von der Hochschule Osnabrück fasste die Agenda der abgelaufenen Legislaturperiode in puncto Gesundheitspolitik zusammen. „Die Finanzierung des Gesundheitssystems war kaum ein Thema. Das ist zurückzuführen auf die gute wirtschaftliche Lage, deshalb erwarte ich allenfalls punktuelle Reformansätze.“ Einen Trend sieht Lüngen dennoch. Nicht die Digitalisierung oder gar die Regionalisierung würden den Krankenhausmarkt künftig prägen, sondern die Privatisierung, da die Zugänge zu Kapital letztlich über den Verbleib im System entscheiden könnten.

Über die Anwendung des Wettbewerbsrechts auf Krankenhäuser sprach Eberhard Temme, Vorsitzender der 4. Beschlussabteilung des Bundeskartellamts in Bonn. Geprüft würden Zusammenschlüsse von Krankenhäusern ab einem Gesamtumsatz von über 500 Millionen Euro. „Krankenhäuser stehen unter keinem spürbaren Preiswettbewerb und der Qualitätswettbewerb ist insbesondere mangels Qualitätstransparenz nur eingeschränkt vorhanden. Aber gerade deshalb ist es bei der fusionskontrollrechtlichen Beurteilung von Zusammenschlüssen wichtig, auf den Erhalt des verbleibenden Qualitätswettbewerbs zu achten“, betonte Temme.

Werner Lullmann, Geschäftsführer der Niels-Stensen-Kliniken GmbH Georgsmarienhütte, äußerte sich zu Erfolgsfaktoren von Krankenhauskooperationen und -fusionen aus Managementsicht. Diese würden die wirtschaftliche Situation stärken, neue oder bessere medizinischer Angebote im stationären und ambulanten Bereich ermöglichen, zur Bildung und Abstimmung medizinischer Leistungsschwerpunkte beitragen, die Zusammenführung von Prozessen und Leitlinien ermöglichen und untergeordnete Leistungen wie unter anderem Einkauf, Personalmanagement, Controlling, Technik, Versorgungsdienste und IT optimieren. Dem entgegen stünden politische Vorgaben oder Widerstände, der mögliche Verlust von Leistungsträgern und die schwierige Vereinheitlichung der Steuerungsinstrumente der IT oder des Controllings. „Auch kulturelle Unterschiede können einen erfolgreichen Zusammenschluss verhindern.“

Ein Konzept für den Zusammenschluss kommunaler Krankenhäuser legte Jochen Metzner, Referatsleiter im Hessischen Ministerium für Soziales und Integration vor. Die schwierige  wirtschaftliche Lage kommunaler Kliniken in Hessen habe zur Entwicklung des Modells der „Regional-Holding-Gesellschaften“ geführt. Dessen größter Vorteil sei, dass die Verbundbildung für kommunale Kliniken unterhalb der kartellrechtlich relevanten Summe von 500 Millionen Euro Gesamtumsatz möglich ist. Bislang ließ sich das Modell jedoch nur eingeschränkt umsetzen, da kommunale Träger sich mit der Umbildung schwer täten. Positiv bewertete Metzner die Gründung des Klinikverbunds Hessen, der alle kommunalen Kliniken umfasse, allerdings ähnle dieser eher einer Vereinsstruktur mit diversen Absprachen.

„Strukturveränderungen im Krankenhaussektor haben stattgefunden und werden weiter stattfinden. Ob marktbeherrschende Stellungen durch Zusammenschlüsse verhindert werden sollten, um andere Marktteilnehmer zu schützen, hängt davon ab, wie man den Markt abgrenzt und den Qualitätswettbewerb bewertet: Woran kann ich Qualität genau festmachen? Wie kann der Patient Qualität wahrnehmen?“, fasste Julia Oswald zum Ende der Tagung zusammen. Erst dann lasse sich auch die Frage beantworten, ob Machtstrukturen zu einer schlechten Patientenversorgung führten. Letztlich bräuchten Krankenhäuser und Krankenhausabteilungen eine gewisse Betriebsgröße, damit das Management eine wirtschaftliche und medizinisch hochwertige Patientenversorgung sicherstellen könne.

In den Workshops am Nachmittag wurden Krankenhausfusionen und Zusammenschlüsse aus der Perspektive der Gesundheitsökonomie beleuchtet und Anforderungen an Unternehmensleitungen und Personalmanagement diskutiert. Auch das Strategische Controlling als Grundlage für Entwicklungsstrategien wurde von den BIG-Absolventinnen und -Absolventen bearbeitet.  
Beim jährlichen „BIGer treffen BIGer“ setzten sich interessierte Studierende und Absolventen zur Karriereplanung zusammen. Studierende erfuhren, wie sie in den Beruf einsteigen und wie Karrierewege aussehen können.

Gut besucht war auch der gemeinsame Abend der BIGer in der Lagerhalle. Sowohl „ältere Semester“ als auch „frischgebackene“ Absolventinnen und Absolventen nahmen rege teil.

Weitere Informationen:

Prof. Dr. Julia Oswald
Beauftragte des Studiengangs Betriebswirtschaft im Gesundheitswesen

Telefon: 0541 969-7274
E-Mail: j.oswald@hs-osnabrueck.de

Von: Julia Oswald/ Birgit Strauch-Hellermann/ Isabelle Diekmann